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14.06.2021 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Grabpflegekosten im Pflichtteilsrecht

Laufende Kosten der Grabpflege, also Instandhaltungs- und Pflegekosten gehören nicht zu den Beerdigungskosten.

Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs ist der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde zu legen.  Nachlassverbindlichkeiten können dabei in Abzug gebracht werden. Ob auch die Grabpflegekosten in Abzug gebracht werden können, damit hatte sich nun der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 26.05.2021 (Az. IV ZR 174/20) befasst.

Im vom BGH entschiedenen Fall hatte die Erblasserin ihren Adoptivsohn mit einer Quote von rund 9% am Nachlass bedacht und auch weiteren Personen einen Anteil an ihrem Nachlass zukommen lassen. Für die Grabpflege ordnete sie an, dass der nach Aufteilung verbleibende Rest für die Beerdigung und für 20 Jahre Grabpflege herangezogen werden solle. Die Testamentsvollstreckerin veräußerte gemäß dem testamentarischen Willen der Erblasserin den Nachlass und verteilte den Erlös entsprechend. Der Sohn forderte daraufhin eine weitere Zahlung mit der Begründung, ihm stünde neben der von der Erblasserin angeordneten Quote der Zusatzpflichtteil zu. Dieser Zusatzpflichtteilsanspruch müsse, nach Auffassung des Klägers aus dem Reinnachlass berechnet werden, ohne dass die voraussichtlichen Kosten der Grabpflege in Abzug gebracht werden dürften. Die Testamentsvollstreckerin hatte aber bei der Berechnung des Zusatzpflichtteils die auf 20 Jahre hochgerechneten Kosten der Grabpflege in Abzug. Der Sohn klagte daher auf Zahlung des Differenzbetrags.

In erster und zweiter Instanz wurde die Klage abgewiesen. Der BGH entschied jedoch, dass im Rahmen der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs nach § 2311 BGB die Kosten der Grabpflege nicht als Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen sind. Denn nur die Kosten der Beerdigung inkl. der Errichtung der dauerhaften Grabstätte sind abzugsfähig. Alle weiteren Kosten der Grabpflege, also Instandhaltungs- und Pflegekosten gehören nicht mehr zu den Beerdigungskosten. Auch die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Grabpflegekosten führen im Pflichtteilsrecht zu keinem anderen Ergebnis, so der BGH. Zudem liege ein den Erben bindender Grabpflegevertrag nicht vor, der u. U. eine andere Wertung zugelassen hätte. Zwar stelle die Anordnung der Klägerin, der Rest solle für die Grabpflege der nächsten 20 Jahre verwendet werden, eine Auflage zulasten aller Erben dar. Auflagen bleiben aber bei der Berechnung des Zusatzpflichtteils außer Betracht.

Fazit für die Praxis

Ist ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter mit Beschränkungen oder Beschwerungen im Sinne des § 2306 BGB belastet, muss er das Erbe ausschlagen, um den vollen Pflichtteil zu erhalten. Nur bei der Berechnung des Zusatzpflichtteils würden derartige Beschränkungen oder Beschwerungen nicht berücksichtigt.

Aber Vorsicht!
Ist ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter nicht i. S. d. § 2306 BGB belastet und schlägt er die Erbschaft aus, erhält er auch keinen Pflichtteil – er kann also gänzlich leer ausgehen. Eine Ausschlagung sollte daher nie voreilig ohne Prüfung der Rechtsfolgen stattfinden.
 

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