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29.01.2008 | Von: Rechtsanwalt Dr. Elmar Killinger

Amtshaftung im Rettungsdienst

Nach den Entscheidungen des BGH – 3. Zivilsenat – zur Haftung des Notarztes in Bayern (BGH Urt. v. 9.1.2003 – III ZR 217/01 = MedR 2003, 455 und BGH Urt. v. 16.9.2004 – III  ZR 346/03 = MedR 2005, 162) lag die Annahme nahe, dass die Frage nach der Amtshaftung im Rettungsdienst nun richterlich geklärt wäre. Denn die Argumentation des BGH, der in beiden Entscheidungen einen Fall nach dem bayerischen Rettungsdienstgesetz zu entscheiden hatte, konnte auch auf andere Bundesländer übertragen werden, da sie grundsätzliche Erwägungen betraf und sich die Rettungsdienstgesetze der Länder in den entsprechenden Punkten weitestgehend gleichen. Vielerorts wurde deswegen schon resümiert, dass für Tätigkeiten im Rettungsdienst die Amtshaftungsgrundsätze gelten. Dies bedeute, dass weder der Notarzt oder das Rettungsdienstpersonal noch die Rettungsdienstorganisation bei Fehlern direkt in Anspruch genommen werden können, sondern nur der Träger des Rettungsdienstes (Landkreise oder kreisfreien Städte).

Diese Einschätzung wird allerdings nun durch zwei neuere Gerichtsentscheidungen wieder in Frage gestellt. Sowohl der Kartellsenat des BGH als auch das VG Gießen sind offensichtlich der Meinung, dass die Entscheidungen des BGH zur bayerischen Rechtslage nicht schlechthin übertragbar seien.

Der Kartellsenat des BGH (Urt. v. 25.9.2007 – Az. KZR 48/05) zweifelt für die Rechtslage in Baden-Württemberg an, dass die Tätigkeiten in der Notfallrettung und im Krankentransport hoheitlichen Charakter haben, wenn sie durch die etablierten Rettungsdienstorganisationen durchgeführt werden. Dabei spricht er ausdrücklich an, dass er die Argumente, die der 3. Zivilsenat für die Rechtslage in Bayern angeführt hat, für nicht überzeugend hält (vgl. Ziff. I,  2 des Urteils).

Das VG Gießen (Urt. v. 4.6.2007 – Az. 10 E 1179/07) kommt gleichsam zu dem Ergebnis, dass die oben genannten BGH-Entscheidungen zur hoheitlichen Tätigkeit im Rettungsdienst in Bayern nicht auf die hessische Rechtslage übertragbar wären. Der Rettungsdienst in Hessen (Krankentransport und Notfallrettung) sei keine hoheitliche Tätigkeit. Dieses Ergebnis ist aber wohl nur für den Krankentransport zutreffend. Das VG Gießen kommt dennoch zu dem Schluss, dass der gesamte Rettungsdienst in Hessen (also Krankentransport und Notfallrettung) keine hoheitlich Tätigkeit wäre. Der Grund liegt darin, dass das VG Gießen in den Urteilsgründen nicht richtig zwischen den Institutionen Notfallrettung und Krankentransport, die zwar beide zum Rettungsdienst gehören, aber in den einzelnen Bundesländern (so auch in Hessen) grundverschieden geregelt sind, differenziert. Die vorgebrachten Argumente des VG Gießen, die gegen eine hoheitliche Tätigkeit sprechen, beziehen sich aber nur auf den Krankentransport, eine Verallgemeinerung auf den gesamten Rettungsdienst ist nicht möglich. Soweit sie aber den Krankentransport, der aufgrund Genehmigung durchgeführt wird, betreffen, sind sie allerdings überzeugend. An diesem Urteil wird daher deutlich, dass die Bereiche Krankentransport und Notfallrettung künftig streng voneinander zu trennen sind, weil der Krankentransport, im Gegensatz zur Notfallrettung, keine hoheitliche Tätigkeit darstellen muss, wenn er nur aufgrund einer Genehmigung und nicht aufgrund einer Aufgabenübertragung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, wie es bei der Notfallrettung regelmäßig der Fall ist, durchgeführt wird.

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