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01.04.2009 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Anlagevermittler muss den Emissionsprospekt auf Plausibilität prüfen

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 5. März 2009 (Az. III ZR 17/08) erneut die Frage entschieden, ob ein Anlagevermittler den Emissionsprospekt auf Plausibilität überprüfen muss.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Anleger macht mit der Klage u. a. Schadensersatzansprüche gegen den Vermittler der Beteiligung an einem Windparkprojekt geltend. Die Geschäftstätigkeit des Anlagevermittlers erfasste ausweislich seiner Visitenkarte die „Vermittlung von Beteiligungen an Windparks“. Der Anlagevermittler verwies den Beklagten auf das gegenständliche Windparkprojekt und übersandte ihm am 01.12.2001 einen Prospekt über dieses Vorhaben. Am 10.12.2001 zeichnete der Beklagte eine Beteiligung von 50.000 €. Die tatsächlichen Erträge des Windparks blieben erheblich unter den prognostizierten zurück. Die Betreibergesellschaft wurde zahlungsunfähig. Die Windkraftanlage wurde schließlich abgebaut und anderweitig verwertet. Der Kläger stützte seine Klage auf Mängel im Emissionsprospekt, die dem Anlagevermittler bei einer Plausibilitätsprüfung hätten auffallen müssen.

Das Landgericht hatte die Schadensersatzklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Anlagevermittler zu einer reduzierten Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung verurteilt. Das Berufungsgericht hatte jedoch fehlerhaft lediglich darauf abgestellt, dass der Anlagevermittler die ihm obliegenden Mitteilungspflichten verletzt habe. Die Frage, was eine Plausibilitätsprüfung tatsächlich ergeben hätte, hatte das Berufungsgericht dagegen offen gelassen. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil daher aufgehoben und die Sache zur Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

 In seinen Entscheidungsgründen führt der BGH aus, dass der Vermittler, der die Anlage anhand eines Prospekts vertreibt, den Emissionsprospekt im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung dahingehend überprüfen muss, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind. Allein die Verletzung der Mitteilungspflicht gegenüber dem Anleger, dass er die Plausibilitätsprüfung nicht vorgenommen habe, genügt für den Schadensersatzanspruch noch nicht. Vielmehr ist der Schutzzweck der Prüfungs- bzw. Offenbarungspflicht des Anlagevermittlers nicht betroffen, wenn der Prospekt einer Plausibilitätsprüfung in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten standgehalten hätte. Es kommt nach Auffassung des BGH also immer darauf an, ob die (hypothetische) Plausibilitätsprüfung für den Anlagevermittler Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte. Ist dies nicht der Fall, so kann die fehlende Plausibilitätsprüfung keine schadensersatzpflichtige Pflichtverletzung darstellen. Von besonderer Bedeutung war in diesem Zusammenhang weiterhin, dass sich der Anlagevermittler speziell als Vermittler für „Beteiligungen an Windparks“ bezeichnet hatte. Bei derartigen Hinweisen auf Spezialisierungen darf der Anleger auf besondere Fachkunde vertrauen. Der Sorgfaltsmaßstab, mit dem der Vermittler beraten und aufklären muss ist dementsprechend höher anzusetzen. Dem kann der Vermittler nur dadurch begegnen, dass er wahrheitsgemäß unzureichende Kenntnisse offen legt.

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