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08.01.2019 | Von: Rechtsanwalt Dr. Helmut Loibl

Auswirkungen des „Energiesammelgesetzes“ für die Biogasbranche

Das „Energiesammelgesetzes“ hat enorme Auswirkungen für die Biogasbranche

Das „Energiesammelgesetzes“ hat enorme Auswirkungen für die Biogasbranche

Das Energiesammelgesetz, das unter anderem einige Vorschriften im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geändert hat, ist noch im Dezember 2018 in Kraft getreten und entfaltet bereits jetzt Wirkung. Wichtige relevante Änderungen für die Biogasbranche sollen nachfolgend überblicksmäßig dargestellt werden:

Neue Leistungsgrenze für kleine Gülleanlagen

Nach wie vor sieht das EEG 2017 vor, dass sogenannte kleine Gülleanlagen, welche im Jahresdurchschnitt mehr als 80 Masseprozent Gülle einsetzen (mit Ausnahme von Geflügelkot) auch ohne Ausschreibung eine relativ hohe Vergütung pro Kilowattstunde erhalten, wenn sie eine Leistung von 75 kW nicht überschreiten. Nach der bisherigen Rechtslage war es so, dass die Anlage maximal 75 kW insgesamt installiert haben durfte. Die gesetzliche Neuregelung sieht nun vor, dass die Anlage bis zu 150 kW installierte Leistung haben darf, im Jahresdurchschnitt aber maximal 75 kW Bemessungsleistung erzeugt werden dürfen (einschließlich Eigenstromnutzung).

Auf den ersten Blick stellt dies eine wesentliche Verbesserung für kleine Gülleanlagen dar. Dieser erste Blick ist jedoch kritisch zu hinterfragen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Neuregelung keinerlei Rückwirkung auf Bestandsanlagen hat. Nur Anlagen, die seit 01.01.2017 in Betrieb genommen wurden, kommen in den Genuss dieser Neuregelung. Bestehende kleine Gülleanlagen (Inbetriebnahme vor 2017) dürfen also weiterhin lediglich 75 kW installierte Leistung haben, wenn sie ihre Vergütung nicht verlieren wollen.

Aber auch für neue kleine Gülleanlagen ist die gesetzliche Neuregelung mit Vorsicht zu genießen:

In erster Linie ist zu beachten, dass eine Anlage mit mehr als 100 kW installierter Leistung doppelt überbaut sein muss, das heißt, nur für 50 % der installierten Leistung kann eine EEG-Vergütung verlangt werden. Wer also exakt 150 kW installiert, darf maximal 75 kW einspeisen. Wer allerdings weniger installiert, beispielsweise nur 140 oder 120 kW, darf künftig also nicht einmal mehr die 75 kW ausnutzen, sondern eben nur 50 % der jeweils installierten Leistung. Bei installierten 140 kW dürfen also im Jahresschnitt nur noch 70 kW erzeugt werden, bei installierten 120 kW nur noch 60 kW. Faktisch stellt dies also letztlich eine deutliche Verschlechterung dar, wenn bei einer Anlage zwischen 100 und 149 kW installiert werden.

Eigentlich erhalten Anlagen, die doppelt überbaut werden müssen, den sogenannten Flexzuschlag in Höhe von 40,00 Euro je kW installierte Leistung. Nicht aber so die kleine Gülleanlage: § 50a EEG 2017 schließt in Abs. 2 die kleine Gülleanlage ausdrücklich vom Flexzuschlag aus, obwohl die Anlage doppelt überbaut werden muss (ab installierten 100 kW!).

Wird hingegen eine Anlage mit maximal 100 kW installierter Leistung gebaut, so muss diese noch nicht doppelt überbaut werden. Mit anderen Worten: Die 100 kW-Anlage darf also faktisch ihre Leistungsgrenze von 75 kW tatsächlich erzeugen. Eine Anlage mit 102 kW installierter Leistung, dürfte im Jahresdurchschnitt lediglich 51 kW elektrische Leistung erzeugen.

Damit zeigt sich deutlich: Bei der kleinen Gülleanlage macht es, sofern sie jetzt neu errichtet wird, durchaus Sinn, etwas mehr als 75 kW zu installieren, um im Jahresschnitt diese 75 kW tatsächlich zu erreichen. Allerdings macht es keinen Sinn, mehr als 100 kW Leistung zu installieren, weil dann letztlich nur deutlich weniger produziert werden darf.

In diesem Zusammenhang sollte zudem beachtet werden, dass bei einer installierten Leistung von mehr als 100 kW die Anlage im Rahmen des Einspeisemanagements für den Netzbetreiber fernsteuerbar sein muss. Bei einer Leistung von 100 oder weniger kW ist dies also nicht nötig.

Damit eröffnet zwar die gesetzliche Neuregelung für neue kleine Gülleanlagen einen weiteren Spielraum, der allerdings sehr begrenzt erscheint: Sinnvoll ist es, kleine Gülleanlagen künftig mit einer installierten Leistung von 75 bis maximal 100 kW installierter Leistung und einer tatsächlichen Bemessungsleistung von 75 kW zu betreiben, eine höhere Leistung macht nur dann Sinn, wenn exakt 150 kW installiert werden. Allerdings ist der Vorteil einer 150 kW-Anlage gegenüber eine 100 kW-Anlage nicht wirklich ersichtlich.

Damit halten sich die Vorteile, die zudem letztlich nur für neue kleine Gülleanlagen seit 01.01.2017 gelten, in überschaubaren Grenzen.

Neue Ausschreibungstermine für Biogasanlagen - 01.04. und 01.11.

Bisher fand jeweils zum 01. September die Ausschreibung für Biomasseanlagen mit einem Volumen von 150 MW statt. Dieser einheitliche Termin wird künftig aufgespalten in zwei Termine, die jeweils zum 01. April und zum 01. November jeden Jahres stattfinden sollen. Im Jahr 2019 werden also bereits zum 01. April und dann zum 01. November jeweils 75 MW installierte Leistungausgeschrieben, in den Jahren 2020 bis 2022 werden ebenfalls zum jeweiligen 01. April und zum 01. November jeweils 100 MW installierte Leistung vergeben.

Wer also an der nächsten Ausschreibungsrunde teilnehmen möchte, muss beachten, dass bereits zum 01. April 2019 die entsprechenden Gebote bei der Bundesnetzagentur eingegangen sein müssen. Hierbei ist wiederum zu beachten, dass bereits 3 Wochen vorher die entsprechende Genehmigung bei der Bundesnetzagentur zu registrieren ist (Marktstammdatenregister), dies ist eine Grundvoraussetzung, um an der Ausschreibung teilzunehmen. Hiermit sollten sich eventuelle Interessenten also frühzeitig beschäftigen.

Formaldehydbonus für EEG 2009-Anlagen

Das OLG Stuttgart hat in einer nach wie vor nicht rechtskräftigen Entscheidung erklärt, dass Anlagen nach dem EEG 2009 (Inbetriebnahmejahre 2009, 2010 und 2011) den sogenannten Formaldehydbonus nur dann erhalten können, wenn sie von Beginn an, also letztlich bei ihrer ersten eingespeisten Kilowattstunde, bereits einer Genehmigung nach dem BImSchG benötigt haben. Wer also zunächst baurechtlich genehmigt war und erst später beispielsweise durch eine Flexibilisierung BImSchG-pflichtig wurde, könne nach dieser Entscheidung niemals den Formadehydbonus erlangen.

Auf der Basis dieser nicht rechtskräftigen Entscheidung haben erste Netzbetreiber bereits Ende letzten Jahres versucht, Rückforderungen bei Anlagenbetreibern geltend zu machen.

Mit großem Engagement ist es dem Fachverband Biogas gelungen, in der Übergangsvorschrift des § 100 EEG 2017 ausdrücklich festschreiben zu lassen, dass ein Anspruch auf den Formaldehydbonus auch dann besteht, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit erst nach der ersten Inbetriebnahme der Anlage entsteht (vereinfacht dargestellt). In diesem Fall soll ab bestehender immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit der Bonus geltend gemacht werden können. Nicht erfasst werden sollen hierbei die Anlagen, die allein wegen der Änderung der 4. BImSchV im Kalenderjahr 2012 (Gasproduktion von mehr als 1,2 Mio. Nm³ Rohgas) BImSchG-pflichtig geworden sind.

Damit scheint auf den ersten Blick die Problematik des OLG-Stuttgart-Urteils behoben zu sein. Aktuell ist dies aber noch nicht ganz der Fall: Die gesetzliche Regelung steht unter einem sogenannten Kommissionsvorbehalt, das heißt, sie wird erst dann gültig, sobald eine beihilferechtliche Genehmigung durch die Europäische Kommission vorliegt. Hier wird also abzuwarten bleiben, ob die Europäische Kommission diese Regelung für zulässig hält. Im Hinblick darauf, dass die gesetzliche Regelung lediglich eine Klarstellung dahingehend ist, was bereits bisher übliche Praxis bei den allermeisten Netzbetreibern war, besteht die begründete Hoffnung, dass eine entsprechende Genehmigung erteilt wird. 

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