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09.02.2009 | Von: Rechtsanwalt Dr. Elmar Killinger

Notfallmedizin - Amtshaftung der Notärzte und Regress der Rettungsdienstträger

Notärzte haften in den meisten Bundesländern nach den öffentlich-rechtlichen Amtshaftungsgrundsätzen. Für Bayern hat dies der BGH bereits zweifach entschieden und diese Rechtssprechung kann auf viele andere Bundesländer übertragen werden. Einzelne Bundesländer sehen sogar ausdrücklich eine Stellung des Notarztes als Verwaltungshelfer im Sinne von Art. 34 GG vor (siehe § 13 Abs. 2 S. 1 Rettungsdienstgesetz NRW). In Baden-Württemberg bleibt die Rechtslage allerdings spannend (vgl. unsere Mitteilung zu BGH Urt. v. 9.1.2003 – III ZR 217/01), dort läuft aktuell ein Verfahren zur Amtshaftung von Notärzten.

Die Grundsätze der Amtshaftung führen aber im Übrigen zu dem Ergebnis, dass der Notarzt nicht unmittelbar vom Notfallpatienten in Anspruch genommen werden kann. Für den Notarzt haftet gegenüber dem Patienten vielmehr nur die anstellende Körperschaft (d. h. der Träger des Rettungsdienstes). Der Rettunsgdienstträger kann allerdings den Notarzt/Notarztdienst wegen eines Behandlungsfehlers in Regress nehmen. Denn ein Behandlungsfehler des Notarztes verletzt den zwischen Notarztorganisation und Rettungsdienstträger abgeschlossenen öffentlichen Vertrag zur Sicherstellung der Notfallrettung. Aber auch die Regresshaftung konnte immer noch als Erfolg in der Amtshaftung der Notärzte verstanden werden, da Art. 34 Satz 2 GG die Haftung insoweit auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeitbegrenzt. Ob Art. 34 Satz 2 GG allerdings tatsächlich für Notärzte gilt, ist keinesfalls selbstverständlich.

Notärzte sind keine Beamten im staatsrechtlichen Sinne, sonderen fallen nur als "private Unternehmer", die mit der Durchführung öffentlicher Aufgaben vertraut sind, unter den Anwendungsbereich der Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art 34 GG). Gerade für private Unternehmer ist es aber umstritten, ob ihnen die Privilegierung des Art. 34 Satz 2 GG (Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit) zugute kommt. Die überwiegende Kommentarliteratur verneint dies sogar. Dem hat sich der BGH mit seinem Urteil vom 14. Oktober 2004 - III ZR 169/04 dem Grunde nach angeschlossen. Im amtlichen Leitsatz heißt es insoweit sogar ganz deutlich:

"Die Rückgriffsbeschränkung in Art. 34 Satz 2 GG auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gilt nicht für als Verwaltungshelfer herangezogene selbständige private Unternehmer."

Die erfochtene (und teilweise noch zu erfechtende, vgl. Baden-Württemberg) Amtshaftung für Notärzte könnte daher zu einem Pyrrhus-Sieg verkommen, da der Notarzt/Notarztdienst aufgrund eines Regresses des Rettungsdienstträgers letztlich doch für jede Fahrlässigkeit haften müsste.

Der BGH hat in seiner Entscheidung aber auch klargestellt - was der ausdrücklich formulierte amtliche Leitsatz allerdings noch nicht vermuten lässt -, dass die Rückgriffsbeschränkung in Art. 34 Satz 2 GG nicht pauschal den privaten Unternehmern vorenthalten ist. Der BGH hat vielmehr betont, dass Art. 34 Satz 2 GG nur dann nicht auf private Unternehmer anzuwenden ist, wenn sein Sinn und Zweck nicht mehr zutreffe, und hat im Anschluss daran Kriterien genannt, die für und gegen eine Anwendung des Art. 34 Satz 2 GG auf private Unternehmer sprechen. Unter Anderem sollen dazu der Entscheidungspielraum gehören, den der Unternehmer bei der Ausübung der hoheitlichen Tätigkeit habe, und inwieweit der Fürsorgegedanke des Art 34 Satz 2 GG auch auf den Unternehmer zutreffe.

Die vom BGH gefällte Entscheidung betraf ein Privatlabor, das im Staatsauftrag BSE-Schnelltests durchführte. Inwieweit diese Entscheidung auf Notärzte übertragen werden kann, ist daher völlig offen. Jedenfalls fehlt insoweit eine ausdrückliche Entscheidung und dem Rechtsanwender verbleibt einstweilen nur, die vom BGH genannten Kriterien auf den Notarzteinsatz zu übertragen. Was die Haftpflichtversicherung der Notärzte angeht, so ist in jedem Fall dazu zu raten, jede notärztliche Tätigkeit gegen eine schlicht fahrlässige Haftung zu versichern.

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