Kontaktieren Sie uns!

Blog

Hier finden Sie aktuelle Blogbeiträge unserer Rechtsanwälte zu rechtlichen Themen rund um den Bereich Erbrecht, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht. Wir geben Ihnen viele nützliche Praxistipps rund um diese Themen und informieren Sie stets über aktuelle Gesetzesänderungen. 

 

05.09.2017 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Anfechtung bei überschuldetem Nachlass

Ist die Erbschaft einmal angenommen, kann sie nicht mehr ausgeschlagen werden. Einziger Ausweg für den Erben ist die Anfechtung seiner Annahmeerklärung. Doch die Anfechtung ist nur im Ausnahmefall möglich.

Die Überschuldung des Nachlasses kann die Anfechtung der Erbschaftsannahme rechtfertigen.

Die Erblasserin verstarb im Alter von 47 Jahren und hinterließ keinen letzten Willen. Damit wurden ihr Ehemann und ihre beiden Geschwister als gesetzliche Erben berufen. Die Schwester schlug die Erbschaft aus, der Bruder machte von seinem Ausschlagungsrecht binnen der Sechs-Wochen-Frist keinen Gebrauch.

Ist die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft verstrichen, gilt der Nachlass als angenommen.

Mit dem Versäumen der Ausschlagungsfrist hat der Bruder der Erblasserin das Erbe angetreten. Später, als er herausfand, dass der Nachlass überschuldet ist, erklärte er die Anfechtung seiner Erbschaftsannahme mit der Begründung, er habe nicht gewusst, dass der Nachlass überschuldet ist.

Die Anfechtung kann nur erfolgen, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt.

Als Anfechtungsgrund kann der Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft in Frage kommen. Nicht jede Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des Nachlasses liefert einen Anfechtungsgrund. Entscheidend ist, dass der Erbe unrichtige Vorstellungen über die Zusammensetzung des Nachlasses hatte. Ein Anfechtungsgrund liegt damit z. B. nicht vor, wenn die dem Erben von Anfang an bekannten Nachlassgegenstände entgegen seiner Einschätzung nur anders bewertet werden.

Das OLG Köln hat oben geschilderten Fall (Az. 2 Wx 109/17) entschieden, dass die Anfechtung berechtigt ist. Denn die Entscheidung des Bruders der Erblasserin habe auf falschen Vorstellungen beruht. Er ging davon aus, dass im Nachlass noch ein beträchtlicher Teil einer Abfindung in Höhe von rund 100.000 Euro war, die die Erblasserin lebzeitig erhalten hatte. Dies habe er wenige Monate vor dem Tod der Erblasserin einem Kontoauszug entnommen. Daher habe er, so das OLG, davon ausgehen dürfen, dass der Nachlass werthaltig sei. Hinzu komme, dass der Bruder trotz Nachfrage vom Ehemann der Verstorbenen keine Informationen über den Nachlass erhalten hatte, der Irrtum also vorab nicht aufgeklärt werden konnte.

Fazit für die Praxis:

Die Annahme einer Erbschaft führt in der Regel dazu, dass der Erbe davon nicht mehr los kommt. Nur im Ausnahmefall, bei Vorliegen eines rechtlich anerkannten Grundes kann die Anfechtung der Annahme erfolgen. Auch hier gelten besondere Fristen, die unbedingt beachtet werden müssen.

Noch ein Hinweis: Hinterlässt ein Erblasser seinen Ehegatten und seine Eltern oder Geschwister, so wird der Ehegatte aufgrund gesetzlicher Erbfolge nicht Alleinerbe – er erbt neben seinen Schwiegereltern oder Schwager/Schwägerin. Wer eine solche Erbengemeinschaft vermeiden möchte, muss seinen letzten Willen regeln.

Sehen Sie dazu auch unsere Videoblogs aus dem Bereich Erben und Vorsorge und abonnieren Sie unseren YouTube Kanal.

zurück zur Übersicht
Teilen:

Leitende Partnerin

Fragen dazu?

Schreiben Sie uns, wir sind gerne für Sie da.

Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

specht@paluka.de
Ulrike Specht

Lösungen finden für komplexe & anspruchsvolle Fragestellungen – mit Erfahrung, Exzellenz und Augenmaß.

nach oben scrollen