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15.09.2017 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Bankvollmacht und Auskunft gegenüber Erben

In vielen Fällen übernehmen nahe Angehörige die Vermögenssorge für Familienmitglieder.

In vielen Fällen übernehmen nahe Angehörige die Vermögenssorge für Familienmitglieder.

In vielen Fällen übernehmen nahe Angehörige die Vermögenssorge für Familienmitglieder, die zwar noch geschäftsfähig sind, aber in Vermögensangelegenheiten nicht versiert sind. Streit entsteht spätestens dann, wenn die späteren Erben vermuten, dass das Vermögen verschleudert oder beiseite geschafft wurde und deswegen detaillierte Auskunft über alle Vorgänge fordern.

Auskunft über Bankgeschäfte und Verbleib des Nachlasses?

Im vom OLG Köln entschiedenen Fall (Az. 16 U 99/16) hatte einer der Söhne die Vermögenssorge für die Mutter übernommen. Diese hatte ihm dazu Bankvollmacht für das Konto und das Bankschließfach, jedoch keine umfassende Vorsorgevollmacht, erteilt. Alle Geschäfte, die er für seine Mutter tätigte, hat er stets mit ihr abgesprochen. Auch aus dem Bankschließfach wurden nachweislich nur mit Wissen und Wollen der Mutter Gegenstände herausgenommen. Später, nachdem die Mutter geschäftsunfähig wurde, wurde eine gerichtliche Betreuerin auch für die Vermögenssorge bestellt. Der bislang bevollmächtigte Sohn übergab der Betreuerin mehrere Aktenordner mit Unterlagen und Kontoauszügen, die er aufgrund seiner Tätigkeit für die Mutter im Rahmen seiner Bevollmächtigung erhalten hat.

Nach dem Tod der Mutter machte deren Tochter gegen den Sohn Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche bezüglich der Geschäfte, die über das Konto abgewickelt wurden und bezüglich der Gegenstände im Bankschließfach geltend. Das OLG Köln verneinte diese Ansprüche.

Auftragsverhältnis oder bloßes Vertrauensverhältnis?

Maßgeblich sei demnach die Einstufung als Auftrags- oder bloßes Vertrauensverhältnis. Läge ein Auftragsverhältnis vor, bestünden gesetzliche Auskunfts- und Rechenschaftspflichten. Bei einem bloßen Vertrauensverhältnis wäre das nicht der Fall. Zur Abgrenzung zwischen beiden Varianten kommt es, so das OLG, darauf an, ob sich die Parteien objektiv betrachtet rechtsgeschäftlich binden wollten.

Ein Vertrauensverhältnis liegt bereits vor, wenn das bevollmächtigte Kind sich wie im vorliegenden Fall um die Mutter kümmert und in unmittelbarer Nachbarschaft wohnt. Übernimmt das Kind weitere Aufgaben bei der Betreuung, kümmert sich also wie hier nicht nur um die Bankgeschäfte, ist von einem besonderen Vertrauensverhältnis die Rede. Das Erteilen der Bankvollmacht führt noch nicht dazu, dass aus dem Vertrauensverhältnis ein rechtsgeschäftliches Auftragsverhältnis wird. Denn auch eine Bankvollmacht gründet in erster Linie auf besonderem Vertrauen. Um von einem rechtsgeschäftlichen Auftragsverhältnis auszugehen, müssten aber weitere Aspekte hinzutreten. Dies ist hier gerade nicht der Fall gewesen.

Zudem hatte der Sohn etwaige gegenüber der Mutter selbst bestehende Auskunftsansprüche lebzeitig schon erfüllt. Bezüglich des Bankschließfachs erfolgte dies, da alle Vorgänge mit Wissen und Wollen der Mutter erfolgten und er zudem erklärte, dass er keinerlei Gegenstände ohne Wissen und Billigung der Erblasserin aus dem Schließfach entnommen hat. Bezüglich der Kontobewegungen hat der Sohn spätestens durch Übergabe der Aktenordner an die Betreuerin die Auskunft erteilt.

Auskunft aufgrund der Stellung als Miterbe?

Das OLG führte weiter aus, dass sich auch aufgrund der Miterbenstellung der Klägerin kein entsprechender Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch ergibt. Es fehlte bereits daran, dass die Klägerin nicht dargelegt hatte, dass der Sohn noch im Besitz der Unterlagen, also Erbschaftsbesitzer sei.

Zudem scheidet auch der weitere erbrechtliche Auskunftsanspruch aus. Grundsätzlich ist derjenige, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, zur Auskunft gegenüber dem Erben bezüglich der von ihm vorgenommenen erbschaftlichen Geschäfte verpflichtet. Da die Mutter zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits im Altenpflegewohnheim wohnte, waren die Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht gegeben.

Fazit für die Praxis:

Erben stehen im Erbfall zahlreiche Auskunftsansprüche zu, die sich aber nicht immer gegen denjenigen richten, der zuletzt die Vermögenssorge des Verstorbenen übernommen hat. Scheiden Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche gegen die bevollmächtigte Person aus, bleibt den Erben z. B. die Möglichkeit der Akteneinsicht in die Nachlassakte und Betreuungsakte sowie die Einsicht in die beim Betreuer des Erblassers befindlichen Akten. Hier kann sich auch eine Pflicht zur Mitwirkung bei der Errichtung des Nachlassverzeichnisses ergeben, die die Erben einfordern können.

Wer im Rahmen eines besonderen Vertrauensverhältnisses die Vermögenssorge für einen anderen übernimmt, schuldet in der Regel keine Auskunft oder Rechenschaft gegenüber den Erben. Um Streit zu vermeiden, empfiehlt es sich aber stets, die Vorgänge und Belege geordnet zu dokumentieren und aufzubewahren.

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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