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Hier finden Sie aktuelle Blogbeiträge unserer Rechtsanwälte zu rechtlichen Themen rund um den Bereich Erbrecht, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht. Wir geben Ihnen viele nützliche Praxistipps rund um diese Themen und informieren Sie stets über aktuelle Gesetzesänderungen. 

 

30.08.2008 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Bezugsberechtigung bei Lebensversicherung - keine Garantie für den Berechtigten

Erneut liegt mit dem Urteil des Bundesgerichtshof vom 21.05.2008 (Az. IV ZR 238/06) eine Entscheidung zu dem sogenannten "Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall" vor, die bestätigt, dass ein vertraglich eingeräumtes Bezugsrecht dem Begünstigten keine Sicherheit bietet, dass er die Lebensversicherungssumme tatsächlich erhält.

In dem entschiedenen Fall hatte der Erblasser eine kapitalbildende Lebensversicherung gehalten und zunächst seiner Ehefrau und seinem Sohn ein Bezugsrecht eingeräumt. Später wollte der Erblasser sich scheiden lassen und widerrief daher die ursprüngliche Bezugsberechtigung und setzte seine Lebensgefährtin ein. Wenige Zeit später kam es zu Streit zwischen dem Erblasser und seiner Lebensgefährtin und der Erblasser nahm sich das Leben. Die Lebensgefährtin ließ durch einen Dritten gegenüber dem Versicherer erklären, dass sie die Leistung aus der Lebensversicherung des Erblassers geltend mache. Der Versicherer forderte zunächst jedoch die Versicherungspolice und die Sterbeurkunde. In der Zwischenzeit erklärte die Ehefrau des Erblassers die Anfechtung der Erklärung des Erblassers bezüglich des Bezugsrechts. Der Versicherer hinterlegte die Versicherungssumme. Beide Parteien forderten im gerichtlichen Verfahren wechselseitig die Freigabe des hinterlegten Betrags.

Der Bundesgerichtshof entschied zugunsten der Ehefrau des Erblassers. Grund hierfür ist, dass bei Versicherungsverhältnissen zwischen dem Deckungsverhältnis (hier der Vertrag zugunsten der Lebensgefährtin) und dem Valutaverhältnis (Zuwendungsverhältnis zwischen dem Verfügenden und der Begünstigten) zu unterscheiden ist. Im Deckungsverhältnis verschafft die Bezugsberechtigung der Berechtigten zwar eine unentziehbare Rechtsstellung, die von den Erben nicht mehr geändert werden kann. Ob die Begünstigte die Leistung aber tatsächlich behalten darf, hängt einzig vom Bestand des Valutaverhältnisses ab. Mit seiner Erklärung über das Bezugsrecht gegenüber dem Versicherer beauftragt der Versicherungsnehmer (Erblasser) den Versicherer im Versicherungsfall der Begünstigten das Schenkungsangebot (Auszahlung der Versicherungsumme) zu überbringen. Dieses Schenkungsangebot muss die Begünstige annehmen. Erst damit wird der Anspruch auf Auszahlung für die Begünstigte begründet. 

Im entschiedenen Fall ist dieser Schenkungsvertrag allerdings nicht zustande gekommen. In der Bitte um Übersendung der Versicherungspolice und der Sterbeurkunde liege noch kein Schenkungsangebot des Versicherers. Deshalb erfolgte der zwischenzeitig erklärte Widerruf der Ehefrau noch rechtzeitig und damit wirksam.  

Erneut wurde damit zugunsten der "Wettlauflösung" entschieden. Nach dem Motto "der frühe Vogel fängt den Wurm", kommt es schlicht darauf an, welche Erklärung zuerst abgegeben wird. Reagieren die Erben schnell, können sie - sogar entgegen dem Willen des Erblassers - dessen Bezugsanordnung aushebeln. Bedenklich ist diese Lösung nicht nur wegen des zeitlichen Wettlaufs. Vielmehr hat der Erblasser und Versicherungsnehmer letztlich keine Sicherheit, dass seine Bezugsanordnung wie gewünscht erfüllt wird. Ansatzpunkte zur Lösung dieses Dilemmas gibt es viele. Bis zu einer anderweitigen Entscheidung wird man den Beteiligten jedoch empfehlen müssen, im Erbfall sorgfältig die rechtlichen Bedigungen zu prüfen und schnell zu reagieren. 

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Ulrike Specht

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