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13.09.2011 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Erbrecht: Änderungen und Ergänzungen von Testamenten

Möchte ein Erblasser sein Testament ändern oder ergänzen, so müssen die strengen Formvorschriften beachtet werden. Nachträge auf Testamentskopien, die keine Unterschrift enthalten erfüllen das Formerfordernis nicht und sind damit unwirksam. Auch eine spätere Unterschrift auf der Kopie heilt den Formmangel nur unter bestimmten, engen Voraussetzungen.


Dem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall (Beschluss vom 31.08.2011, Az. 31 WX 179/10) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die verwitwete, kinderlose Erblasserin ist im Jahr 2004 verstorben. Sie errichtete im Jahr 2000 ein handschriftliches Testament, mit dem sie ihrer Großnichte ihr Haus und den Grund „vererbte“ und ihren Schmuck zuwandte. Weiter ordnete sie folgendes an: „Mein Vermögen teilt sich mit ihrer Mutter Frau H. Z. (…) und meine Nichte ..“.


Die Großnichte der Erblasserin beantragte unter Berufung auf das Testament aus dem Jahr 2000 einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Der Beteiligte zu 2) wandte gegen die Alleinerbenstellung der Großnichte ein, dass es noch zwei Nachträge zu dem Testament aus dem Jahr 2000 gäbe. Der erste Nachtrag ist eine Fotokopie des Testaments mit einer handschriftlichen Ergänzung des Testaments, die nicht ganz entziffert werden konnte und wie folgt lautet:„Haus (…) (?) Anbau … ? mein Mieter H (= Beteiligter zu 2)“. Beim zweiten Nachtrag handelt es sich um eine Kopie des ersten Nachtrags, versehen mit einer Unterschrift der Erblasserin und dem Hinweis „Kopie = Original“.


Das Nachlassgericht kündigte einen Erbschein an, der die Großnichte als Alleinerbin ausweist. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2), der aufgrund des Zusatzes davon ausgeht, dass er zum Alleinerben berufen sei, weil der Anbau des Anwesens den wesentlichen Vermögensbestandteil der Erblasserin darstelle.


Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat keinen Erfolg. In seiner Begründung führt das OLG München aus, dass die Nachträge zum Testament nicht maßgeblich seien. Die Erblasserin habe damit kein formwirksames eigenhändiges Testament in Gestalt eines einheitlichen Ganzen errichtet. Gemäß § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. "Eigenhändigkeit" im Sinn von § 2247 BGB bedeutet, dass der Erblasser den gesamten Wortlaut des Testaments mit der Hand selbst schreiben muss.
Diese Voraussetzungen sieht das Oberlandesgericht München in der vorliegenden Entscheidung jedoch nicht erfüllt. Denn der erste Nachtrag zum Testament sei mangels Unterschrift kein formwirksames Testament. Das Formerfordernis ist nach Auffassung des OLG München auch nicht dadurch gewahrt, dass der zweite Nachtrag durch die Erblasserin unterschrieben wurde. Der Erklärungsinhalt des Nachtrags zwei beschränke sich allein darauf, dass die (weitere) Fotokopie derjenigen Urkunde entspricht, auf der die Erblasserin die Zuwendung zugunsten des Beschwerdeführers angeordnet hat. Damit kommt der Wille der Erblasserin zum Ausdruck, dass diese gefertigte Fotokopie als Original gelten soll. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Unterschrift der Erblasserin nunmehr auch die Zuwendung zugunsten des Beschwerdeführers mit umfassen soll und die Erblasserin neu testieren wollte, liegen nicht vor. Das OLG München gelangt damit zu dem Ergebnis, dass angesichts der Formenstrenge des § 2247 Abs. 1 BGB das Originaltestament vom 13.8.2000 mit seinem Inhalt weiterhin Gültigkeit hat. Das OLG München hat die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung nicht zugelassen. Das Verfahren ist damit abgeschlossen.

Für die Praxis bedeutet dies, dass der Erblasser bei Änderungen und Ergänzungen von Testamenten stets besonderes sorgfältig handeln muss. Bestenfalls wird ein neues Testament errichtet und das bisherige Testament nebst etwaigen Kopien hiervon vernichtet.

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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