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17.07.2012 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Erbrecht: Bedeutung einer testamentarischen Regelung für den Fall des Misslingens einer Operation

Das Oberlandesgericht München (nachfolgend „OLG“) hat mit Beschluss vom 15.05.2012 (Az. 31 Wx 244/11), veröffentlicht am 10.07.2012, entschieden, dass die Formulierung "Sollte mir bei der Gallenoperation etwas zustoßen" in der Regel lediglich das Motiv für die Errichtung des Testaments bekundet nicht jedoch eine inhaltliche Bedingung für die Erbfolgeregelung.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der unverheiratete Erblasser verstarb am 28.10.2010, ohne Kinder zu hinterlassen. Die Lebensgefährtin und die beiden Cousins des Erblassers streiten über dessen Erbfolge. Der Erblasser hatte während eines Krankenhausaufenthalts im Jahr 1983 ein Testament u. a. mit folgender Regelung errichtet: „Sollte mir A. S. bei der Gallenoperation etwas zustoßen, bekommt meine Lebensgefährtin meine 2 Sparbücher und den Bauplatz in A.“

Die Lebensgefährtin, die schon seit rund 40 Jahren mit dem Erblasser liiert war, beantragte daher einen auf sich lautenden Erbschein. Dem traten die beiden Cousins mit der Begründung entgegen, der Erblasser sei im Jahr 2010 nicht an einer Folge der Gallenoperation verstorben, weswegen die Bedingung für die Erbeinsetzung der Lebensgefährtin nicht eingetreten sei.

Nach Auffassung des OLG hat der Erblasser seine Lebensgefährtin generell zu seiner Erbin eingesetzt und dies gerade nicht auf den Fall beschränkt, dass er aufgrund der bevorstehenden Gallenoperation verstirbt. Entscheidend, so das Gericht, kommt es auf den Willen des Erblassers an. Ist erkennbar, dass der Erblasser die Wirksamkeit der Erbeinsetzung unmittelbar mit dem ungewissen Umstand verknüpfen wollte, so handelt es sich um eine echte Bedingung. Besteht jedoch kein Zusammenhang zwischen der Todesart und im Inhalt der Erbfolgeregelung, so kann angenommen werden, dass die Anordnungen auch dann gelten sollen, wenn der Erblasser unter anderen Umständen stirbt. In der Regel ist davon auszugehen, dass der Erblasser bei derartigen Formulierungen lediglich sein Motiv für die Errichtung des Testaments zum Ausdruck bringen möchte, sodass die Erbfolgeregelung auch dann gelten solle, wenn die Todesursache eine andere ist.

Lediglich dann, wenn sich ausnahmsweise ein Wille des Erblassers ermitteln lässt, dass er tatsächlich die Erbeinsetzung einer bestimmten Person nur vom Tode anlässlich eines ganz bestimmten Ereignisses abhängig machen wollte, weil diese Person in irgendeiner Form mit dem Ereignis verknüpft ist, liegt eine echte Bedingung vor (vgl. Soergel/Loritz a.a.O.: Erblasser wird durch seinen Neffen operiert). Eine solche Verknüpfung hat das OLG hier nicht bejaht. Das OLG folgt damit in seiner Entscheidung den in der Literatur entwickelten Grundsätzen zu derartigen Konstellationen.

Für die Praxis wird einmal mehr deutlich, dass gerade bei handschriftlichen Testamenten eines juristischen Laien viel Streitpotenzial gegeben ist, sofern die Regelung nicht hinreichend präzise ist.

Ulrike Specht, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht, Regensburg

 

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Ulrike Specht

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