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23.11.2011 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Erbrecht: BFH prüft die Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer

Anlässlich eines dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Entscheidung vorliegenden Falles (Az. II R 9/11) hat der Bundesfinanzhof zu entscheiden, ob die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III also Gleichstellung zwischen u. a. Geschwistern, Neffen, Nichten einerseits und fremden Dritten andererseits verfassungsgemäß ist. Ferner hat der BFH zu entscheiden, ob die Regelungen des § 19 Abs. 1 i. V. m. §§ 13a und 13b Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der auf den 01.01.2009 zurückwirkenden Fassung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen. Denn gemäß den Regelungen dieser Fassung kann durch die Wahl bestimmter Gestaltungsalternativen die Steuerfreiheit des Erwerbs von Vermögen erreicht werden.


Dem zu entscheidenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war zu einer Quote von ¼ zum Miterben nach seinem Onkel berufen. Der Wert des Anteils belief sich auf rund 51.266 Euro. Der Nachlass des Onkels bestand u. a. aus Guthaben bei Kreditinstituten sowie einem Steuererstattungsanspruch. Gemäß den einschlägigen Regelungen für den Erbanfall in 2009 hatte das Finanzamt gegen den Kläger als Neffen des Verstorbenen nach Abzug des persönlichen Freibetrags von 20.000 Euro und Ansatz des Steuersatzes von 30 % eine Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360 Euro festgesetzt.


Gegen diesen Bescheid legte der Kläger erfolglos Einspruch ein und begehrt im Wege der Klage die Halbierung der Steuer. Er begründet dies damit, dass die für Erbfälle in 2009 geltende Gleichstellung nicht verwandter Dritter u. a. mit Neffen verfassungswidrig sei. Ab 2010 wurde das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz insoweit geändert und die Personen der Steuerklasse II gegenüber den Personen der Steuerklasse III im Hinblick auf den geltenden Steuersatz (teilweise) besser gestellt.


Zudem war der BFH die Frage auf, ob das Gesetz in der vorbezeichneten Fassung auch in weiterer Hinsicht verfassungswidrig sein könne. Denn durch geeignete Gestaltung (gewerblich geprägte Personengesellschaft; Kapitalgesellschaft) könne Erbschaftsteuer vermieden werden, unabhängig davon, ob der Erbe im Gegenzug Verpflichtungen für das Gemeinwohl eingehe. Die kritisierte Umgehungsmöglichkeit bezieht sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (wir berichteten), wonach im Rahmen der Begünstigung des Betriebsvermögens vermieden werden müsse, dass der Betrieb zerschlagen oder verkauft werden muss, um die Erbschaftsteuer bezahlen zu können. Die Regelungen seien unterwandert und die Begünstigung des Betriebsvermögens dadurch ausgenutzt worden, dass Erblasser lebzeitig Vermögen in ein Unternehmen eingebracht haben, ohne dabei Arbeitsplätze zu schaffen. Der Senat rügt nun, dass auch im derzeit geltenden Recht derartige Umgehungsmöglichkeiten gegeben wären.
Nachdem der BFH nicht selbst die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes feststellen kann, wurde das Bundesfinanzministerium zum Beitritt aufgefordert, um die verfassungsrechtlichen Bedenken ggf. ausräumen zu können. Misslingt dies, wird der Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt werden.


Für die Praxis kann es dahin sinnvoll sein, im Einzelfall zu prüfen, ob gegen Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheide Einspruch eingelegt bzw. das Ruhen des Verfahrens beantragt werden sollte.

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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