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04.12.2009 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Erbschaft- und Schenkungsteuer: Keine Aussetzung der Vollziehung wegen möglicher Verfassungswidrigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG


Dem Finanzgericht München wurde ein Rechtsstreit zur Entscheidung vorgelegt, in dem die Parteien über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer streiten.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Schenker übertrug dem seinem Bruder unentgeltlich mit Vertrag vom 24.12.2008 einen Anteil von 97 % an einer Grundstücks Familien GbR und im Januar 2009 einen Geldbetrag in Höhe von 25.000 € als Altersversorgung. Gegen den Schenkungsteuerbescheid, der unter Berücksichtigung des Vorerwerbs erfolgte, beantragte der Beschenkte die Aussetzung der Vollziehung. Gegen den Ablehnungsbescheid begehrte der Beschenkte nun beim Finanzgericht München vorläufigen Rechtsschutz.

Der Beschenkte stützt seinen Antrag darauf, dass der Schenkungsteuerbescheid wegen Verfassungswidrigkeit der Tarifvorschrift des § 19 ErbStG in der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung ernstlich zweifelhaft sei. Seiner Auffassung nach verstoße § 19 Abs. 1 ErbStG gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs. 1 GG, als die Vorschrift einheitliche Steuersätze für sämtliche Fälle eines Erwerbs von Todes wegen bzw. einer Schenkung unter Lebenden bestimme, obwohl einzelne Zuwendungsgegenstände in unterschiedlicher Höhe der Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen seien, was insbesondere für die Bewertung einer Barschenkung im Vergleich zur Zuwendung von begünstigten Betriebsvermögen gelte. Zum anderen verstoße die Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG gegen den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG, weil Geschwister zwar der Steuerklasse II angehörten, jedoch für diese Verwandten der gleiche Steuersatz wie für nicht verwandte Dritte der Steuerklasse III gelte.
Dem hält das Finanzamt entgegen, dass die Neuregelungen des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts in der Fassung vom 24.12.2008 den Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 07.11.2006 (wir berichteten) entspreche, weil nunmehr alle Vermögensgegenstände zu Verkehrswerten bemessen würden. Auch die Betriebsvermögensbegünstigungen würden den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht. Zudem sei die Differenzierung im engeren und weiteren familiären Umfeld verfassungsgemäß.

Das Finanzgericht München hat dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht stattgegeben. Die Voraussetzungen, unter denen die Vollziehung eines Verwaltungsakts (hier Schenkungsteuerbescheid) ausgesetzt werden könne, seien nicht erfüllt. Denn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids seien nicht gegeben. Zwar verkenne der Senat nicht die unterschiedliche steuerliche Belastung von Erwerbern der Steuerklassen I und II/III sowie die divergierende Behandlung unterschiedlicher Vermögensgegenstände. Das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung überwiege jedoch im konkreten Fall das Aussetzungsinteresse des Antragsstellers. § 19 Abs. 1 ErbStG ist die zentrale Tarifvorschrift und betreffe sämtliche Festsetzungen der Erbschaft- und Schenkungsteuer und führe bei einer unabsehbaren Verfahrensdauer zu Steuerausfällen in nennenswerter Größenordnung. Deshalb könne einem Normenkontrollverfahren gem. Art. 100 Abs. 1 GG, das im einstweiligen Rechtsschutz ausgeschlossen und dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist, nicht vorgegriffen werden. Dies gelte umso mehr, als das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit zur Wahrung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums im Hinblick auf eine verfassungskonforme Neureglung nicht die rückwirkende Nichtigkeit des betreffenden Steuergesetzes, sondern lediglich dessen Unvereinbarkeit mit der Verfassung nebst befristeter Weitergeltung ausgesprochen hat.

Nach alledem bleibt abzuwarten, ob im Hauptsacheverfahren das Normenkontrollverfahren bezüglich § 19 Abs. 1 ErbStG angestoßen wird.

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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