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20.10.2016 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Keine Schenkung zulasten des Schlusserben bei umfassendem Nießbrauchvorbehalt

Mit seinem Urteil vom 28.09.2016 (BGH; Az. IX ZR 513/15) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Schlusserbe keine Ansprüche gegen den vom Erblasser lebzeitig „Beschenkten“ geltend machen kann, wenn bei einer Grundstücksübertragung weitreichende Gegenleistungen in Form des Nießbrauchs und der Pflegeverpflichtung vereinbart werden.

In dem entschiedenen Fall hatten sich die Ehegatten durch ein gemeinsames Testament gegenseitig zu Alleinerben und ihren Sohn und ihre Tochter zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt. Nach dem Tod der Ehefrau übertrug der Ehemann sein Einfamilienhaus an die Tochter und behielt sich an dem gesamten Objekt ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor. Zudem verpflichtete sich die Tochter, ihren Vater Zeit seines Lebens bei Bedarf unentgeltlich zu pflegen. Nach dem Tod des Vaters veräußerte die Tochter die Immobilie. Daraufhin forderte ihr Bruder den hälftigen Verkaufserlös und begründete dies damit, dass der Vater ihn durch die Schenkung benachteiligen wollte. Wäre die Immobilie noch im Nachlass des Vaters gewesen, hätte er als Schlusserbe zur Hälfte daran partizipiert.

Nachdem die Ehegatten im Testament nicht geregelt hatten, dass der Überlebende von ihnen lebzeitig Schenkungen auch zu Lasten eines oder beider Kinder vornehmen kann, ohne dass den Kindern dann ein Anspruch gegen den Beschenkten zustehen solle, musste hier geklärt werden, ob überhaupt eine Schenkung vorlag. Dies verneinte der BGH. Denn der Vater hatte sich den Nießbrauch und eine Pflegeverpflichtung der Tochter ausbedungen. Unerheblich war dabei, ob der Pflegefall tatsächlich eingetreten ist oder nicht. Maßgeblich für die Ermittlung des Wertes der versprochenen Pflegeleistung ist der Zeitpunkt der Vereinbarung und die damaligen Vorstellungen der Parteien. Damit lag wegen der umfangreichen Gegenleistungen schon keine Schenkung vor. Außerdem fehlte es nach Auffassung des BGH an der Absicht des Erblassers, seinen Sohn zu benachteiligen. Denn er hatte ein berechtigtes lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung, weil es ihm um die Absicherung seiner Versorgung und Pflege im Alter ging und er versuchte, eine ihm nahestehende Person durch die Schenkung an sich zu binden.

Fazit für die Praxis:

In der Praxis wird häufig übersehen, dass bei testamentarischer oder erbvertraglicher Vereinbarung von Ehegatten, sich wechselseitig zu Alleinerben und die Kinder zu Schlusserben einzusetzen (sog. Berliner Testament) die Ehegatten zwar lebzeitig berechtigt bleiben, über ihr Vermögen frei zu verfügen, eine lebzeitige Schenkung im Einzelfall aber zu bereicherungsrechtlichen Ansprüchen des mit der Schenkung benachteiligten Schlusserben führen kann. Ob der Schlusserbe derartige Ansprüche gegen den Beschenkten geltend machen kann, hängt von der Ausgestaltung des Testaments bzw. Erbvertrags ab. Wie so oft ist auch hier auf eine präzise Formulierung zu achten. 

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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