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27.07.2017 | Von: Rechtsanwältin Aljona Maximov

Pflicht zum notariellen Nachlassverzeichnis?

Nicht selten ist das Verhältnis zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten schwierig. So hat der Pflichtteilsberechtigte ein großes Interesse daran, dass ihm über den Bestand des Nachlasses vollumfänglich und richtig Auskunft erteilt wird. Im Rahmen des ihm zustehenden Auskunftsanspruchs kann der Pflichtteilsberechtigte die Vorlage eines Verzeichnisses über den Bestand des Nachlasses verlangen. Erteilen die Erben die geforderte Auskunft mittels eines privatschriftlichen Verzeichnisses, stellt sich für diese oftmals die Frage, ob der Pflichtteilsberechtigte danach zusätzlich noch ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen kann.

Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das Oberlandesgericht München zu befassen und entschied zu Gunsten des Pflichtteilsberechtigten. Insoweit führte das Gericht aus, dass der Anspruch auf notarielles Nachlassverzeichnis unabhängig davon bestehe, ob bereits ein privates Verzeichnis erteilt wurde. Diese Ansprüche könne der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich neben- oder hintereinander geltend machen. Begründet wird dies damit, dass dem notariellen Nachlassverzeichnis eine größere Richtigkeitsgarantie zukomme. Denn der Notar sei in einem gewissen Umfang zur Vornahme eigener Ermittlungen (z. B. Einsichtnahme in Bankunterlagen oder Grundbuch) und Überprüfung der Richtigkeit der Erbenangaben verpflichtet.

Nur in ganz besonderen Einzelfällen könne dem Anspruch der Einwand des Rechtsmissbrauchs oder der Schikane entgegengehalten werden, wobei ein strenger Maßstab anzulegen sei. So reichte im entschiedenen Fall der Umstand, dass der Erbe als Anspruchsgegner bereits betagt und krank war, alleine nicht aus.

Kein Nachlass vorhanden – muss ich trotzdem ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen lassen?

Die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses kann der Erbe aber dann verweigern, wenn der Nachlass bedürftig ist, also ein Aktivnachlass, aus dem die Kosten für den Notar bestritten werden können, nicht vorhanden ist. Denn andernfalls müsste der Erbe die Kosten aus seinem Privatvermögen aufbringen. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn – wie in dem vom OLG München entschiedenen Fall – der anspruchstellende Pflichtteilsberechtigte dem Erben ausdrücklich anbietet, die  anfallenden gesetzlichen Gebühren sogar im Voraus direkt an den Notar zu entrichten.

Festzuhalten bleibt, dass man als Erbe in der Pflicht ist und dem Pflichtteilsberechtigten vollumfänglich Auskunft erteilen muss. Gesetzlich festgeschrieben ist, dass der Pflichtteilsberechtigte neben dem privatschriftlichen auch ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen kann. Darüber hinaus kann er sich beim privatschriftlichen Nachlassverzeichnis dessen Richtigkeit durch eine eidesstattliche Versicherung des erstellenden Erben bekräftigen lassen.

Fazit:

Bei geringen Nachlässen ist dem Erben, der von einem Pflichtteilsberechtigten zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses aufgefordert wird, anzuraten, im Vorfeld zu prüfen, ob eine solche über das privatschriftliche Nachlassverzeichnis hinausgehende Pflicht überhaupt besteht, ob also die Notarkosten vom Nachlass gedeckt sind. Ist dem nicht so, kann der Erbe sich auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen und das notarielle Nachlassverzeichnis ausnahmsweise verweigern.

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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