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22.04.2014 | Von: Rechtsanwältin T. Auburger

Versicherungsrecht: Privater Krankheitskostenversicherungsvertrag - keine Erfassung vom Insolvenzbeschlag

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19.02.2014, Aktenzeichen IV ZR 163/13, entschieden, dass ein privater Krankheitskostenversicherungsvertrag nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst wird und daher nicht dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 Insolvenzordnung (InsO) unterliegt.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, nahm den Beklagten auf Zahlung rückständiger Prämien für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 aus einem Vertrag über Kranken- und Pflegeversicherung in Anspruch. Versicherungsnehmer dieses Vertrages war der Beklagte. Seine (getrennt lebende) Ehefrau und seine beiden Kinder waren zunächst Mitversicherte, später Alleinversicherte des Vertrages. Über das Vermögen des Beklagten wurde am 10. Juni 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Im Verfahren behauptete der Beklagte, dass er den Vertrag hinsichtlich seiner Frau und seiner Kinder per Telefax am 15. Juli 2008 zum Jahresende gekündigt habe. Am 17. November 2008 habe auch seine Ehefrau nochmals eine Kündigung per Telefax ausgesprochen. Seine Familienmitglieder seien seit dem 1. Januar 2009 anderweitig versichert.

Der Kläger bestritt unter Vorlage von Faxeingangsjournalen den Erhalt dieser Faxe und akzeptierte erst eine unter dem 15. Juni 2010 ausgesprochene Kündigung mit Wirkung zum 30. Juni 2010.

Der Klage wurde vor dem Landgericht in vollem Umfang entsprochen. Mit seiner Berufung hat der Beklagte zusätzlich eingewandt, dass die geltend gemachten Ansprüche sämtlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und deshalb nicht mehr durchsetzbar seien, da der Treuhänder der dem Rechtsstreit als Streithelfer des Beklagten beigetreten ist, mit Schreiben vom 7. Januar 2010 unstreitig die Erfüllung des Vertrages gemäß § 103 Abs. 2 InsO abgelehnt habe.

Die Berufung des Beklagten hat lediglich insoweit Erfolg gehabt, als das Berufungsgericht die Hauptforderung und die Anwaltskosten gekürzt hat. Im Übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Revision des Beklagten führte zur Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Der BGH bestätigte, dass das Wahlrecht des § 103 InsO der Durchsetzbarkeit der Klageforderung nicht entgegensteht. Dort wird geregelt, dass bei einem gegenseitigen Vertrag, der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt ist, der Insolvenzverwalter an Stelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen kann. Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

Als Dauerschuldverhältnisse fallen auch Versicherungsverträge, die noch nicht vollständig erfüllt sind, im Grundsatz unter das Wahlrecht des Insolvenzverwalters, sofern sie vom Insolvenzbeschlag erfasst werden. Erforderlich ist also primär ein Massebezug. Aufgrund der Unpfändbarkeit der Ansprüche des Schuldners aus einer privaten Krankenversicherung werden Ansprüche aus privaten Krankenversicherungsverträgen jedoch nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst. Wenn also der Insolvenzverwalter die Forderungen des Schuldners aus dem Vertrag nicht zur Masse ziehen kann, so ist auch kein Raum für das Wahlrecht des Insolvenzverwalters gegeben. Insolvenzfreie Schuldverhältnisse werden damit vom Wahlrecht generell nicht erfasst.

Das Gericht führte insoweit folgerichtig aus, dass aufgrund der fehlenden Massezugehörigkeit des Vertrages und der aus ihm folgenden Rechte und Pflichten, dem Streithelfer des Beklagten die Befugnis zur Kündigung des Vertrages fehlte. Damit kam es auf eine Auslegung der Erklärung des Streithelfers im Schreiben vom 7. Januar 2010 nicht mehr an.

Da das Berufungsgericht eine Beendigung des Vertrages durch die mit den Telefaxschreiben vom 15. Juli und 17. November 2008 erklärten Kündigungen mit unzureichender Begründung und ohne weitere Sachaufklärung verneint hat, wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht hat nicht genügend bedacht, dass der „OK-Vermerk“ auf dem Sendebericht auch das Zustandekommen einer Verbindung mit der in der Faxbestätigung genannten Nummer belegt. In Anbetracht dieses Umstandes kann sich der Empfänger nicht auf ein bloßes Bestreiten des Zugangs beschränken. Da die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem „OK-Vermerk“ versehenen Sendeprotokolls den Empfänger nicht erreicht, jedenfalls so gering ist, dass sich ein Rechtsanwalt bei Gestaltung seiner Büroorganisation in Fristensachen auf den “OK-Vermerk“ verlassen darf, handelt es sich nicht um eine unzulässigerweise ohne tatsächliche Anhaltspunkte „ins Blaue hinein“ aufgestellte Behauptung. Dies gilt insbesondere deshalb, weil gleich zwei mit „OK-Vermerk“ versehene Faxe an unterschiedliche Nummern des Klägers nicht angekommen sein sollen.

Das Gericht hat den Sachverhalt im Rahmen der Prüfung, ob die Telefaxschreiben wirksam zugegangen sind, nicht umfassend gewürdigt und sich über Beweisantritte des Beklagten hinweggesetzt, weshalb eine erneute Sachaufklärung erforderlich sei.

Fazit:

Zu den unpfändbaren Ansprüchen zählen auch Leistungsansprüche aus einer privaten Krankheitskostenversicherung, die auf Erstattung von Kosten für ärztliche Behandlungsmaßnahmen im Krankheitsfall gerichtet sind. Im Insolvenzfall dürfen diese folglich nicht zur Masse hinzugezogen werden.

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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