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04.08.2017 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Vor- und Nacherbschaft – wieviel Mitbestimmung kann dem Vorerben eingeräumt werden?

Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft, die nicht zu verwechseln ist mit der Einsetzung von Schlusserben, ist ein beliebtes Gestaltungsmittel zur Steuerung des Vermögensübergangs. Genutzt wird dies vor allem, um Vermögen in der Familie zu bewahren und Schwiegerkinder von der Erbfolge auszuschließen. Dazu werden z. B. die eigenen Kinder als Vorerben und deren Kinder (Enkel) als Nacherben eingesetzt. Das Vermögen geht dann aufgrund des Erblasserwillens von den Kindern auf die Enkel über; die Schwiegerkinder bleiben außen vor.

Die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft bietet viele Regelungsmöglichkeiten. So ist zum Bespiel möglich, dass der Erblasser zwei potenzielle Nacherben benennt und dem Vorerben die Auswahl des letztendlich Begünstigten überlässt. Hierzu muss der Erblasser eine auflösende Bedingung anordnen und der Vorerbe seinerseits ein dazu passendes Testament regeln. Denkbar ist auch, dass der Erblasser die Anordnung der Nacherbschaft insgesamt unter die auflösende Bedingung stellt, dass der von ihm bestimmte Vorerbe seinerseits bestimmte, dem Erblasser genehme, Personen zu seinen Erben einsetzt.

Kein Recht des Vorerben, eine beliebe Person als Nacherben zu bestimmen

Die Regelung darf dabei aber nicht so weit gehen, dass dem Vorerben generell die Bestimmung einer beliebigen Person als Nacherben eingeräumt wird – dies wäre wegen des Drittbestimmungsverbots unwirksam.

Das OLG München (Az. 34 Wx 324/16) hat sich mit diesen Fragen beschäftigt, da die Erblasserin angeordnet hatte, dass ihre beiden Enkelkinder, ersatzweise deren Kinder Nacherben werden sollen. Zudem hatte sie dem Vorerben u. a. das Recht eingeräumt, Änderungen innerhalb des Kreises der Nacherben zu treffen, insbesondere einen Nacherben zum alleinigen Nacherben einzusetzen. Strittig war in diesem Zusammenhang die Reichweite des Bestimmungsrechts des Vorerben. Nach Auffassung des OLG ergäbe sich für den Vorerben, anders als vom Grundbuchamt in Erwägung gezogen, nicht das Recht, einem anderen - unbekannten - Abkömmling die Position des Nacherben zu verschaffen. Denn in der letztwilligen Verfügung der Erblasserin komme ein Interesse daran, dass ihr Vermögen zusammen mit dem sonstigen Eigenvermögen des Vorerben erhalten und nur als Gesamtpaket an einen - auch unbekannten - Abkömmling weitervererbt werden soll, nicht zum Ausdruck. Vielmehr handle es sich um eine Änderungsbefugnis im Hinblick auf den Kreis der von der Erblasserin benannten Nacherben.

Fazit für die Praxis:

Damit die Vor- und Nacherbschaft entsprechend dem Erblasserwillen umgesetzt wird, ist eine präzise Regelung nötig. Wichtig ist dies auch für die spätere Grundbuchberichtigung. Bei Anordnung der Nacherbschaft kann im Grundbuch ein Nacherbenvermerk zum Schutz des Nacherben eingetragen werden. Ändert sich die Nacherbschaft aufgrund einer Anordnung wie oben dargestellt, muss der Nacherbenvermerk gelöscht werden. Das Grundbuchamt muss dann unter Auslegung der testamentarischen Anordnungen die berechtigten Nacherben feststellen. Streit ist vorprogrammiert, wenn die Regelungen des Erblassers nicht klar nachvollziehbar sind. 

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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