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01.10.2018 | Von: Rechtsanwalt Dr. Helmut Loibl

Bundesweit droht einzelnen Biogasanlagen und Satelliten die Rückforderung des Formaldehydbonus

Bundesweit droht einzelnen Biogasanlagen und Satelliten die Rückforderung des Formaldehydbonus

1. Problemstellung

Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 17.05.2018, Az. 2 U 129/17 eine Entscheidung zum Formaldehydbonus bei Biogasanlagen erlassen, die bei vielen Anlagenbetreibern zu großem Verdruss führen wird: Sie spricht den Anspruch auf den Formaldehydbonus unter bestimmten Voraussetzungen für die Zukunft ab, zudem werden die Netzbetreiber für die in der Vergangenheit noch nicht verjährten Bonusauszahlungen Rückforderungen vornehmen. Die EWE Netz GmbH hat – soweit bekannt derzeit als erster Netzbetreiber – bereits entsprechende Rückforderungsschreiben an die betroffenen Betreiber übersandt. Sofern die OLG-Entscheidung rechtskräftig wird, drohen bundesweit allerdings allen betroffenen Anlagenbetreibern entsprechende Rückforderungen.

2. Inhalt der OLG-Stuttgart-Entscheidung

Stark vereinfacht dargestellt, hat das OLG Stuttgart entschieden, dass Biogasanlagen, die erst nach ihrer ersten Inbetriebnahme immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig wurden, keinen Formaldehydbonus geltend machen können. Mit anderen Worten: Wer nicht bei der ersten eingespeisten Kilowattstunde mit seiner Biogasanlage und/oder seinem Satelliten-BHKW nicht bereits immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig war, hatte weder für die Vergangenheit, noch hat er für die Zukunft einen Anspruch auf den Formaldehydbonus.

3. Wer ist NICHT betroffen?

Nicht betroffen sind

•               alle Betreiber, deren Inbetriebnahmejahr 2008 oder früher ist, diese erhalten den Bonus kraft der gesetzlichen Regelung des EEG unabhängig von der Art ihrer Genehmigung.

•               alle Betreiber, die das Inbetriebnahmejahr 2009, 2010 oder 2011 innehaben und von Anfang an entweder eine Genehmigung nach BImSchG hatten oder aber zumindest nach dem BImSchG genehmigungsbedürftig waren (also von Anfang an eine BImSchG-Genehmigung gebraucht hätten).

Gerade der vorgenannte Punkt ist sehr kritisch zu prüfen: Viele Anlagen hatten von Anfang an beispielsweise bereits ein Gaslager von 3 Tonnen oder mehr, was zu einer Genehmigungspflicht nach dem BImSchG geführt hätte. Gleichwohl haben viele Betreiber damals lediglich eine Baugenehmigung erhalten vor dem Hintergrund, dass damals nur sehr wenige Behörden die Problematik der 3-Tonnen-Gaslagereigenschaft geprüft haben. Wer nachweisen kann, dass er von Anfang an 3 t Gaslager hatte, hätte also einer BImSchG-Genehmigung bedurft und muss den Bonus weder zurückzahlen, noch entfällt dieser für die Zukunft. Insbesondere solche Anlagen, die von vornherein gasdicht geschlossene Endlager hatten, könnten diesen Tatbestand erfüllen. Wer unter das EEG 2009 fällt und nicht alle Gärrestlager gasdicht geschlossen hat, für den kommt diese Variante nicht in Betracht, da BImSchG-pflichtige Anlagen nach EEG 2009 endgültig ihren NawaRo- und Güllebonus verlieren, wenn nicht alle Gärrestlager gasdicht abgeschlossen sind (für baugenehmigte Anlagen gilt dies hingegen nicht).

Die Betroffenen sollten also intensiv prüfen, ob sie ggf. von vornherein genehmigungsbedürftig nach BImSchG waren. Für Satelliten wird das aber leider nicht helfen.

4. Wer ist betroffen?

Tatsächlich betroffen sind all diejenigen Betreiber mit einer Biogasanlage oder einem Satelliten-BHKW, welche über die Inbetriebnahmejahre 2009, 2010, oder 2011 verfügen und zunächst mit einer Baugenehmigung gestartet sind und damals keiner Genehmigung nach BImSchG bedurften.

Diese Anlagen müssen damit rechnen, für die Zukunft den Formaldehydbonus zu verlieren und zudem für die vergangenen Jahre bis zum Eintritt der Rückforderungsverjährung die entsprechenden erhaltenen Beträge zurückzahlen zu müssen.

Um hier keine falschen Hoffnungen zu wecken, ist von vornherein darauf hinzuweisen, dass die Rückforderung nicht im Ermessen der Netzbetreiber liegt, sofern hier gefestigte Rechtsprechung vorliegt, müssen alle Netzbetreiber entsprechende Rückforderungen geltend machen. Betroffen sind also nicht nur die Betreiber im Netzgebiet der EWE Netz GmbH, die bereits jetzt entsprechende Rückforderungen stellen, sondern bundesweit alle Anlagenbetreiber, die hierunter fallen.

5. Aktueller Verfahrensstand

Das Urteil des OLG Stuttgart ist derzeit noch nicht rechtskräftig. Es ist wohl eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof anhängig, über die noch nicht entschieden ist. Hier wird zunächst abzuwarten bleiben, ob sich der Bundesgerichtshof mit dieser Angelegenheit beschäftigt. Gleichwohl kann es sein, dass vereinzelt Netzbetreiber bereits jetzt entsprechende Rückforderungen geltend machen.

 

6. Was kann man tun?

Zunächst ist jedem Betroffenen dringend zu empfehlen, zu prüfen (oder prüfen zu lassen), ob die Anlage ggf. von vornherein genehmigungsbedürftig nach BImSchG war (Stichwort: 3 t Gaslager). Wer mit seiner Anlage nicht hierunter fällt, muss sich dauerhaft auf den Verlust und die Rückzahlung des Formaldehydbonus einstellen.

Der Fachverband Biogas e.V., hat sich dieser grundsätzlichen Problematik bereits angenommen und im Netzgebiet der EWE die betroffenen Biogasbetreiber zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, bei der auch über die Handlungsmöglichkeiten des Einzelnen gesprochen wurde. Damit nicht jeder Betroffene mit einem hohen Prozess- und Prozesskostenrisiko als Kläger belastet wird, wurde im Rahmen dieser Veranstaltung auch die Möglichkeit einer „Musterklage“ vorgestellt, bei der stellvertretend für viele Betroffene nur ein Anlagenbetreiber die Klage führt und finanziell von den anderen unterstützt wird. Wenn sich ausreichend Interessenten hierfür finden, könnte auf diesem Weg versucht werden, die Rechtsfrage des Anspruchs auf den Formaldehydbonus noch bis zu einem anderen Oberlandesgericht bzw. dem Bundesgerichtshof zu führen und dort klären zu lassen. Letztlich soll versucht werden, eine dem OLG Stuttgart gegenläufige obergerichtliche Entscheidung zu erhalten, um den Bonus nicht endgültig zu verlieren.

Bei der Informationsveranstaltung wurde deutlich gemacht, dass die Erfolgschancen vor einem anderen Oberlandesgericht offen sind, es gibt also weder eine Garantie, noch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass etwa das OLG Oldenburg die entscheidenden Rechtsfragen anders einschätzt als das OLG Stuttgart. Allerdings scheint dies – neben einer politischen Lösung – die einzige Möglichkeit für die betroffenen Anlagenbetreiber, sich überhaupt gegen die drohende Rückforderung zu wehren. Wenn das OLG Stuttgart-Urteil akzeptiert wird, werden alle Betroffenen zurückzahlen müssen und den Formaldehydbonus dauerhaft verlieren.

 

7. Fazit

Spätestens, wenn das OLG-Stuttgart-Urteil rechtskräftig wird, ist damit zu rechnen, dass die Netzbetreiber entsprechende Rückforderungsschreiben an betroffene Biogasbetreiber richten werden. Wer dann nicht nachweisen kann, dass seine Anlage von vornherein einer Genehmigung nach BImSchG bedurft hätte, wird sich mit der Rückzahlung und dem künftigen Verlust des Formaldehydbonus abfinden müssen, es sei denn, er klagt gegen die entsprechende Rückforderung bzw. klagt seinen Bonus ein (es ist davon auszugehen, dass die Netzbetreiber mit laufender EEG-Vergütung verrechnen werden).

Wer im Hinblick auf das nicht unerhebliche Prozess- und Prozesskostenrisiko nicht selbst klagen, aber gleichwohl den Verlust des Bonus nicht ohne Weiteres hinnehmen möchte, kann sich dem oben dargestellten Musterverfahren anschließen.

 

8. Interessenten „Musterklage“

Wer mehr über die oben dargestellte Musterklage (Ablauf, Beteiligungsmöglichkeiten etc.) erfahren möchte, kann sich jederzeit gerne mit uns in Verbindung setzen unter der Telefonnummer 0941 585710 oder per Mail an info@paluka.de.  

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