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14.02.2018 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

„Vollmacht“ kann als Testament gelten

Eine Urkunde, die nicht den Titel „Mein letzter Wille“ oder „Testament“ trägt, sondern mit „Vollmacht“ überschrieben ist, kann rechtlich gesehen auch als Testament gelten.

Urkunden mit Titel „Testament“ und „Vollmacht“

Im vorliegendem Fall hat eine von drei Schwestern das Elternhaus geerbt und in ihrem handschriftlichen Testament festgehalten, dass das Haus im Falle ihres Todes zu gleichen Teilen an ihre beiden Schwestern übergehen soll. Zwei Tage darauf hat sie eine weitere Urkunde mit dem Titel „Vollmacht“ errichtet. Darin hat sie angeordnet, dass ihre Nichte bevollmächtigt sei, über ihren Bausparvertrag und die Guthaben auf der Bank zu verfügen. Außerdem soll die Nichte dazu berechtigt sein, die jeweiligen Gelder an sich auszuzahlen.

Streit über Sparguthaben

Beim Tod der Erblasserin wurde das Haus - wie von der Erblasserin gewünscht - an die beiden Schwestern übertragen. Bezüglich der Sparguthaben waren sich die Schwestern und die Nichte jedoch uneinig darüber, wer die Geldbeträge erhalten soll, da die Urkunde nicht mit dem Titel „Testament“ versehen war. Das Landgericht Paderborn und später das Oberlandesgericht Hamm haben in der Sache entschieden.

Nichte bekommt Recht

Das OLG Hamm hat geurteilt, dass das Dokument mit dem Titel „Vollmacht“ formal wirksam ein Testament darstellt, da diese Urkunde von der Erblasserin handschriftlich verfasst und unterzeichnet wurde. Inhaltich hatte sie über eine typische Vollmacht hinaus Anordnungen getroffen, was nach ihrem Tod mit den Sparguthaben geschehen soll. Demnach sollte die Nichte den Geldbetrag für sich beanspruchen dürfen. Nach Auffassung beider Gerichte sprachen auch die sonstigen Umstände für ein Testament und nicht nur eine Vollmacht. Denn die Urkunde hatte die Erblasserin zusammen mit Ihrem Testament verwahrt und in etwa gleicher Form und zeitlich nah aufeinander folgend errichtet. Mit dieser als „Vollmacht“ bezeichneten Urkunde hat die Erblasserin ihren letzten Willen um ein Vermächtnis zugunsten ihrer Nichte ergänzt.

Fazit für die Praxis

Ein handschriftliches Testament lässt sich relativ leicht errichten. Entscheidend ist, dass der Inhalt präzise formuliert ist. Allein die Überschrift sagt noch wenig über die rechtliche Wirkung aus. Möchten Sie nur eine Vollmacht errichten, muss dies in der Urkunde klar zum Ausdruck kommen.

Sollten Sie unschlüssig darüber sein, welche Regelungen für Sie passen und wie die Formulierung aussehen muss, um derartige Unklarheiten und damit Streit unter den künftigen Erben zu vermeiden, kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie gerne!

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