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27.11.2013 | Von: Rechtsanwältin Sobola, RA Caspary

Arbeitsrecht: Entgeltfortzahlung nach mutwilliger Selbstverletzung

Mitarbeiter haben gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie krank werden. Ist dem Arbeitnehmer jedoch ein Verschulden vorzuwerfen, besteht eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nicht.

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil hatte das Landesarbeitsgerichts Hessen (4 Sa 617/13) über einen Fall zu entscheiden, in dem sich ein Mitarbeiter aufgrund eines Wutanfalls selbst die Hand brach. Der Kläger arbeitet als Warenauffüller in einem Baumarkt und benutzt dazu einen Gabelstapler. Im August 2012 brachte sich der Kläger an dem Gabelstapler ein provisorisches Plexiglasdach als Wetterschutz an. Dafür wurde er von dem betrieblichen Sicherheitsbeauftragten gerügt und zum Abbau des Plexiglases angehalten. Über diese „Abbauverfügung“ geriet der Mitarbeiter derart in Wut, dass er unter anderem dreimal mit der Faust auf ein in der Nähe aufgestelltes Verkaufsschild aus Hohlkammerschaumstoff schlug und sich dabei die Hand brach.

Seine Arbeitgeberin verweigerte für die einmonatige Krankschreibung die Entgeltfortzahlung mit dem Einwand, der Kläger sei an seiner Verletzung selbst schuld. Spätestens nach dem ersten Schlag auf das Verkaufsschild hätte er die Holzstrebe spüren müssen. Die Verletzung habe er sich somit vorsätzlich beigebracht.

Das Landesarbeitsgericht Hessen folgte dem nicht und gab der Entgeltfortzahlungsklage statt. Der Verschuldensbegriff im Entgeltfortzahlungsgesetz entspreche nicht dem allgemeinen zivilrechtlichen Verschuldensbegriff, der auch mittlere und leichte Fahrlässigkeit umfasst, sondern erfordere vielmehr einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen. Dieses setze ein besonders leichtfertiges, grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten gegen sich selbst voraus.

Ein derartiges Verschulden lag nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Hessen nicht vor. Da nicht ersichtlich sei, dass die Verletzung bewusst herbeigeführt werden sollte, habe nur mittlere Fahrlässigkeit vorgelegen. Zwar hätte der Kläger bei verständiger Betrachtung damit rechnen müssen, dass er durch die Schläge auf das Schild eine Verletzung erleiden könnte. Gegen eine grobe Fahrlässigkeit spreche jedoch, dass er sich offensichtlich in einem heftigen Wut- und Erregungszustand befunden und sich dementsprechend kurzzeitig nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Dies sei nicht zu billigen, aber menschlich gleichwohl nachvollziehbar, da niemand in der Lage sei, sich jederzeit vollständig im Griff zu haben. Der Kläger habe aus Wut die erforderliche Kontrolle über sein Handeln verloren. Dies sei leichtfertig gewesen, aber nicht derart schuldhaft, dass von besonderer Leichtfertigkeit oder grober Fahrlässigkeit die Rede sein könne.

Fazit für die Praxis:

Auch wenn sich der Mitarbeiter seine Verletzungen selbst zuzuschreiben hat, bedarf es in der Praxis somit einer eingehenden Prüfung des Verschuldens. Nur in den Fällen, in denen dem Arbeitnehmer besondere Leichtfertigkeit gegen sich selbst vorzuwerfen ist, besteht keine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.

Regensburg, 27.11.2013

RA Daniel Caspary
RAin Sabine Sobola
Referat Arbeitsrecht

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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