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14.01.2015 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Erbrecht: Anfechtung eines gemeinschaftlichen Testaments

In seiner heute veröffentlichten Entscheidung (Az. I 15 W 14/14, 15 W 14/14) hatte sich das OLG Hamm mit der Frage zu befassen, ob die zweite Ehefrau eines Ehemannes dessen Testament aus erster Ehe, in dem die erste Ehefrau zur Erbin eingesetzt wurde, anfechten kann.

Der Ehemann heiratete im Jahr 1982 seine erste Ehefrau und errichtete mit ihr ein gemeinschaftliches Testament. Darin setzten sich die Eheleute gegenseitig zum Alleinerben ein. Später ergänzten sie, dass das Testament im Falle einer Scheidung gelten solle. Diese Ehe wurde einige Jahre später geschieden. Der Ehemann heiratete seine zweite Ehefrau und errichtete auch mit ihr ein gemeinschaftliches Testament, das notariell beurkundet wurde. Darin widerrief der Ehemann seine früheren letztwilligen Verfügungen. Zu Lebzeiten des Ehemannes ist dessen erster Ehefrau dieses notarielle Testament nicht übermittelt worden. Nachdem der Ehemann verstorben war, hat die zweite Ehefrau das gemeinschaftliche Testament des Ehemannes mit dessen erster Ehefrau angefochten. Sie begründete die Anfechtung damit, dass sie als Pflichtteilsberechtigte übergangen worden sei. Die erste Ehefrau hat unter Berufung auf dieses angefochtene Testament einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist, beantragt und auch erhalten. Dagegen erhob die zweite Ehefrau Beschwerde.

Das OLG Hamm hat den Erbscheinsantrag abgelehnt. Nach seiner Auffassung ist die erste Ehefrau nicht Erbin geworden. Zwar sei das erste Testament mit der Scheidung nicht hinfällig gewesen und auch nicht durch das Testament mit der zweiten Ehefrau widerrufen worden, weil der Ehemann den Widerruf nicht an die erste Ehefrau zustellen ließ. Jedoch sei die Anfechtung wirksam. Denn eine letztwillige Verfügung kann nach § 2079 BGB angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten, der erst nach der Errichtung des Testaments pflichtteilsberechtigt geworden ist (in diesem Falle die zweite Ehefrau), übergangen hat. Eine Anfechtung ist nur dann ausgeschlossen, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser die Erbeinsetzung der ersten Ehefrau auch dann vorgenommen hätte, wenn er seine spätere Scheidung und Wiederheirat bedacht hätte. Dafür lagen, so das OLG Hamm, im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte vor. Denn das Testament regelte nur, dass es auch im Fall der Scheidung weiter gelten solle. Eine Regelung für den Fall der Wiederheirat war nicht getroffen.

Fazit für die Praxis:

Im Fall der Scheidung sollte stets geprüft werden, ob und welche Bindungen sich aus bisherigen Testamenten oder Erbverträgen im Hinblick auf die spätere Erbfolgegestaltung der (geschiedenen) Ehegatten ergeben. Nur so kann festgestellt werden, ob und welche Maßnahmen, z. B. Widerruf des Testaments oder Rücktritt vom Erbvertrag, zu ergreifen sind. Andernfalls kann es in Ausnahmefällen auch dazu kommen, dass der geschiedene Ehegatte erbt, während der verwitwete (zweite) Ehegatte leer ausgeht, bzw. nur den Pflichtteil erhält.

Regensburg, den 14.01.2015

Ulrike Specht
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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