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12.04.2013 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Erbrecht: Behindertentestament nach dem Tod des ersten Elternteils

Regeln Eltern im Rahmen eines Berliner Testaments eine Pflichtteilsstrafklausel, so bindet dies auch den Träger der Sozialhilfe beim Tod des Erstversterbenden. Allerdings kann der überlebende Ehegatte dann in der Regel den Pflichtteilsanspruch des Kindes auch nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten nicht durch eine entsprechende Erbeinsetzung (durch Anordnung der Vor- und Nacherbfolge) aushebeln.

Dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 28.02.2013 (Az. 10 U 71/12) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Ehepaar hatte sich wechselseitig in einem Berliner Testament zu Erben eingesetzt und bestimmt, dass die gemeinsamen Kinder Schlusserben nach dem Tode des längstlebenden Ehegatten werden sollten. Zudem wurde eine Pflichtteilsstrafklausel angeordnet. Demnach sollte derjenige, der nach dem Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil geltend macht, auch beim Tod des zweiten Elternteils auf den Pflichtteil beschränkt sein. Die jüngste der Töchter des Ehepaares ist seit ihrer Geburt schwerbehindert. Nach dem Tode des Vaters machte der Sozialhilfeträger Pflichtteilsansprüche aus dem Nachlass des Vaters für diese jüngste Tochter geltend. Die überlebende Ehefrau regelte dann mit späterem notariellen Testament die Erbeneinsetzung aller gemeinsamen Kinder, ordnete jedoch für die jüngste Tochter eine Vorerbschaft an und regelte, dass deren Geschwister Nacherben sein sollten (sogenanntes „Behindertentestament“). Damit sollte ein weiterer Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Erbe der behinderten Tochter im Falle des Todes der Mutter ausgeschlossen werden.

Das Gericht gelangte jedoch zu dem Ergebnis, dass die überlebende Ehefrau an das Berliner Testament gebunden ist, da insoweit wechselbezügliche Verfügungen enthalten seien. Zudem hatten die Ehegatten gerade kein sogenanntes Behindertentestament verfasst. Damit griff im Falle des Todes des ersten Ehegatten die Pflichtteilsstrafklausel und blieb auch weiterhin wirksam mit der Folge, dass auch nach dem Tod der Mutter die behinderte Tochter den Pflichtteilsanspruch hatte, den der Sozialhilfeträger auf sich überleiten konnte.

Fazit für die Praxis:

Sofern Ehegatten ausschließen wollen, dass der Träger der Sozialhilfe im Falle eines behinderten Kindes etwaige Pflichtteilsansprüche auf sich überleitet, muss dies schon bei der Regelung des Testaments, das die Ehegatten gemeinschaftlich errichten, berücksichtigt werden und bereits vor dem Tod des ersten Elternteils als letzter Wille niedergelegt sein.   

Ulrike Specht, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht, Regensburg 

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Ulrike Specht

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