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Hier finden Sie aktuelle Blogbeiträge unserer Rechtsanwälte zu rechtlichen Themen rund um den Bereich Erbrecht, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht. Wir geben Ihnen viele nützliche Praxistipps rund um diese Themen und informieren Sie stets über aktuelle Gesetzesänderungen. 

 

01.04.2015 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Erbrecht: Erbunwürdigkeit

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 11.03.2015 entschieden, dass erbunwürdig auch derjenige ist, der versucht, den seit längerem nicht mehr geschäftsfähigen Erblasser zu töten. Dies solle nach Auffassung des BGH jedenfalls dann gelten, wenn kein entsprechender Patientenwille dahingehend vorliege, lebenserhaltende Maßnahmen abzubrechen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Mutter des Klägers befand sich seit Jahren in einem Pflegeheim. Aufgrund ihrer schweren Erkrankung war zuletzt eine verbale Kommunikation mit ihr nicht mehr möglich. Ihr Ehemann, der Vater des Klägers, befand sich selbst in einem depressiven Zustand. Er durchtrennte im Februar 2012 den Verbindungsschlauch zur Magensonde seiner Ehefrau und widersprach einer erneuten Verbindung, die das Pflegepersonal vornehmen wollte. Dem Pflegepersonal gelang es jedoch, die Funktionsfähigkeit der Magensonde wiederherzustellen. Gleichwohl verstarb die Ehefrau wenige Wochen später an einer Lungenentzündung, die jedoch nicht im Zusammenhang mit der Tat des Ehemannes stand. Strafrechtlich wurde der Ehemann wegen versuchten Totschlags in einem minder schweren Fall belangt.

Die Ehegatten hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem Sie sich wechselseitig zu Alleinerben und ihre drei Kinder zu Schlusserben einsetzten. Eine Patientenverfügung hatte die Ehefrau nicht errichtet.

Der Kläger, Sohn der beiden Ehegatten, erhob Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit seines Vaters mit dem Ziel, neben seinen Schwestern als Erbe berufen zu sein.

Gemäß § 2339 BGB ist erbunwürdig, u. a. wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht hat. Diese Vorschrift erfasst explizit die versuchte vorsätzliche Tötung. Der BGH entschied, dass ein solcher Fall hier vorläge. Gründe, die für eine Tötung auf Verlangen sprechen würden und eine Erbunwürdigkeit nicht rechtfertigen könnten, lägen dagegen nicht vor. Insbesondere hatte die Ehefrau weder schriftlich noch in sonst einer Weise einen entsprechenden Patientenwillen geäußert. Eine Verzeihung (§ 2343 BGB) scheide aus denselben Gründen aus. Es komme ausschließlich darauf an, ob einer der Straftatbestände erfüllt ist. Die Motive des Erbunwürdigen spielten dagegen keine Rolle. Der Ehemann habe sich zwar selbst in einer schwierigen Lage befunden und in dem Bestreben gehandelt, seine Ehefrau solle nicht "dahinvegetieren". Aber auch grundsätzlich anerkennenswerte Motive könnten nicht das Vorliegen der Erbunwürdigkeit verhindern. Sofern auch die Frage der Schuldfähigkeit des Ehemannes bejaht werden könne, sei er erbunwürdig, so die Entscheidung des BGH. Zu Erben wären dann der Kläger und dessen beiden Schwestern berufen.

Fazit für die Praxis:

Die Entscheidung über lebensverlängernde Maßnahmen kann grundsätzlich nur der Betroffene selbst treffen. In gesunden Zeiten kann man anhand einer Patientenverfügung vorsorgen. Setzt sich der Betreuer (oder sonst eine dritte Person) darüber hinweg oder agiert er ohne entsprechenden Patientenwillen, so zieht dies nicht nur strafrechtliche Sanktionen nach sich. Der Handelnde verliert auch seine erbrechtlichen Ansprüche.

Regensburg, den 01.04.2015

Ulrike Specht
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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