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28.06.2012 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Erbrecht: Pflichtteilsansprüche eines entfernteren Abkömmlings

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 27.06.2012 entschieden (Az. IV ZR 239/10), dass Pflichtteilsansprüche eines entfernteren Abkömmlings nicht durch letztwillige oder lebzeitige Zuwendungen des Erblassers geschmälert werden, die dieser einem trotz Erb- und Pflichtteilsverzichts testamentarisch zum Alleinerben bestimmten näheren Abkömmling zukommen lässt, wenn beide Abkömmlinge demselben Stamm gesetzlicher Erben angehören und allein dieser Stamm bedacht wird.

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin macht gegen Ihre Mutter (Beklagte) Pflichtteilsansprüche aus dem Nachlass ihres im Jahr 2005 verstorbenen Großvaters (Vater der Beklagten) geltend. Der Großvater und dessen Ehefrau hatten sich testamentarisch gegenseitig als Alleinerben und ihre Enkel als Schlusserben eingesetzt. Der Überlebende hatte jedoch das Recht, die Schlusserbfolge zu ändern und statt der Enkel als Schlusserben eine andere Person aus dem Kreis der gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu benennen. Gleichzeitig mit der Beurkundung des Testaments wurde auch der Erb- und Pflichtteilsverzicht der Beklagten für ihre Person, nicht für ihre Abkömmlinge, beurkundet. Nach dem Tod seiner Ehefrau setzte der Großvater die Beklagte mit notariellem Testament zu seiner alleinigen und ausschließlichen Erbin ein. Der Großvater und dessen Frau hatten außer den Parteien keine weiteren Abkömmlinge.

Mit der Klage verlangt die Klägerin Auszahlung des Pflichtteils. Die Beklagte beruft sich dagegen auf die Regelung des § 2309 BGB. Danach ist ein entfernterer Abkömmling nicht pflichtteilsberechtigt, wenn ein näherer Abkömmling den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen (LG Augsburg und OLG München) keinen Erfolg. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Der BGH bejahte dagegen die Pflichtteilsberechtigung der Klägerin.  Zwar würde die Beklagte als nähere Angehörige die entferntere Klägerin verdrängen. Jedoch sei die Beklagte aufgrund des Erb- und Pflichtteilsverzichts  so zu behandeln, als sei sie vorverstorben, sodass an ihre Stelle die Klägerin treten könne.  Denn gemäß der Entstehungsgeschichte der Vorschriften zum Pflichtteil und zum Erbverzicht sei es erklärtes Ziel des Gesetzgebers gewesen zu verhindern, dass demselben Stamm zweimal ein Pflichtteil gewährt würde, sowie eine Pflichtteilsvervielfältigung zu Lasten des Nachlasses auszuschließen. Dies sei hier jedoch nicht gegeben. Da die Alleinerbin (Beklagte) und die Klägerin dem einzigen Stamm gesetzlicher Erben angehören und damit die Zuwendungen nur deren Innenverhältnis betreffen. Eine Vervielfältigung der Pflichtteilslast ist nicht gegeben.

Ulrike Specht, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht, Regensburg

 

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Ulrike Specht

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