Kontaktieren Sie uns!

Blog

Hier finden Sie aktuelle Blogbeiträge unserer Rechtsanwälte zu rechtlichen Themen rund um den Bereich Erbrecht, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht. Wir geben Ihnen viele nützliche Praxistipps rund um diese Themen und informieren Sie stets über aktuelle Gesetzesänderungen. 

 

06.04.2021 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Landwirtschaft und Biogasbetrieb – Fallstricke bei der Nachfolge

Wer bei der Betriebsübergabe von Landwirtschaft und Biogasanlage nur auf die erbrechtlichen Belange achtet, der kann schnell in „Teufels Küche“ geraten. Im schlimmsten Fall kommt es zum Wegfall der Genehmigung für die Biogasanlage damit zur Betriebsstilllegung.

 

Gerade dann, wenn neben der Landwirtschaft weiteres wirtschaftliches Standbein der Betrieb einer Biogasanlage ist, sollte der Landwirt und Unternehmer im eigenen Interesse, aber auch im Interesse des Nachfolgers bei der Übergabe besonderes Augenmerk auf die weiteren rechtlichen Belange neben den Erb- und Pflichtteilsansprüchen haben. Gemeint sind die genehmigungsrechtlichen und EEG-rechtlichen Fragen. Die Praxis zeigt leider, dass die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebs gerne bis zum Renteneintrittsalter hinausgeschoben wird und dann alles ganz schnell gehen muss. Gute Lösungen kommen dabei selten heraus. Richtig teuer wird die Angelegenheit, wenn durch fehlerhafte Gestaltung die Voraussetzungen für die Genehmigung der Biogasanlage nachträglich entfallen und der Betrieb nicht fortgeführt werden kann.

 

Wegfall der Voraussetzungen für die Genehmigung privilegierter landwirtschaftlicher Biogasanlagen

 

Ein Beispiel aus der Praxis: Der Vater hatte zusätzlich zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb gemeinsam mit seinem Sohn eine Biogasanlage. Die Landwirtschaft führt er als Einzelunternehmer. Für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage gründeten Vater und Sohn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der Sohn sollte langsam in die Verantwortung genommen werden und hatte daher anfangs nur einen 20%-Anteil in der Biogas-GbR. Der Vater wollte sich nach und nach aus der aktiven Tätigkeit zurückziehen und den Sohn mehr in die Verantwortung nehmen. Auf Empfehlung des Steuerberaters sollte der Vater seinen Anteil an der GbR vollständig auf den Sohn übertragen. Die Idee war die: Der Vater betreibt die Landwirtschaft noch einige Zeit bis zur Rente weiter und der Sohn solle schon vorher die Biogasanlage übernehmen; mit dem Renteneintritt, spätestens mit dem Tod des Vaters, sollte der Sohn auch die Landwirtschaft erben oder übertragen bekommen. Vater und Sohn hielten das für eine gute Lösung, weil die Verantwortungsbereiche klar abgegrenzt wären und jeder Betriebsteil ausreichen würde, um das Auskommen der jeweiligen Familie zu sichern.

 

Ein entscheidender Aspekt war übersehen worden: Es handelte sich bei der Biogasanlage um eine privilegierte landwirtschaftliche Biogasanlage. Bei derartigen Anlagen dürfen, vereinfacht dargestellt, Betreiber der Anlage und Hofinhaber nicht auseinanderfallen, da ansonsten die Genehmigungsvoraussetzungen nachträglich entfallen. Gerade das wäre im betreffenden Fall aber passiert. Der Landwirt (Vater) wäre nicht mehr Gesellschafter der GbR, hätte damit im Betrieb der Biogasanlage keinen maßgeblichen Einfluss mehr und die Voraussetzungen für die Genehmigung würden entfallen. Das führt im schlimmsten Fall zur Betriebsstelllegung und kann auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen bis hin zur Einziehung der Einnahmen.

 

Im konkreten Fall konnte noch eine alternative Lösung für die sukzessive Nachfolge gefunden werden. Ist das Kind aber erst in den Brunnen gefallen und wären die Anteile an der Gesellschaft bereits übertragen worden, wäre es nur mit erheblichen Kostenaufwand möglich gewesen, den korrekten Zustand wiederherzustellen etwa durch Rückabwicklung oder weitergehende Übergabe. Beides zieht meist gesellschaftsrechtliche und steuerrechtliche Probleme nach sich und dürfte kaum den Wünschen und Zielen der Beteiligten entsprechen – ganz zu schweigen von den vergebens aufgewendeten Kosten für die erste Übertragung, den Kosten, um die Situation wieder zu bereinigen und den etwaigen steuerlichen Folgen. Die Beteiligten sollten auch nicht der Fehlvorstellung folgen, dass die Situation durch Änderungen der Geschäftsführungsbefugnis ohne weiteres bereinigt werden könnte.

 

Dieselbe Problematik stellt sich im Übrigen, wenn nachträglich der Betrieb der Biogasanlage in die Rechtsform einer Gesellschaft, z. B. der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder einer haftungsbeschränkten Gesellschaft wie z. B. der GmbH & Co. KG, gebracht wird. Auch hier ist dringend darauf zu achten, dass die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen weiterhin erfüllt bleiben.

 

Wegfall des „Eigenstromprivilegs“

 

Weitere teure Stolperfalle im Zusammenhang mit der nachträglichen Gründung einer Gesellschaft für den Betrieb der Biogasanlage, in der der Nachfolger schon mal „mit dabei“ ist, ist das sogenannte „Eigenstromprivileg“. Das führt zu einer Veränderung in der Person des Betreibers. Bei Bestandsanlagen kann eine derartige Gestaltung zum Wegfall des Privilegs, Eigenstrom ohne EEG-Umlage zu nutzen, entfallen. Das hat dann zur Folge, dass ab Gesellschaftsgründung für den Eigenstrom 40% EEG-Umlage anfallen.

 

Fehler bei der Nachfolgegestaltung – Widersprüchlichkeiten zwischen Testament und Gesellschaftsvertrag

 

Vorgenannte Fehler können nicht nur bei der lebzeitigen Übergabe teuer zu Buche schlagen, sondern auch bei der erbrechtlichen Nachfolge – also im Fall des Versterbens des Landwirts und Unternehmers. Das ist häufig dann der Fall, wenn gar nichts geregelt ist, oder wenn Testament und Gesellschaftsvertrag (bei Betreibergesellschaften) nicht aufeinander abgestimmt sind.

 

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Betrieb der Biogasanlage in einer Gesellschaft, z. B. der GbR, GmbH & Co. KG oder GmbH organisiert ist. Denn erbrechtliche und gesellschaftsrechtliche Regelungen müssen dann aufeinander abgestimmt sein.

 

Wenn in erbrechtlicher Hinsicht nichts geregelt ist, also weder (notarielles) Testament noch Erbvertrag errichtet wurden, dann richtet sich im Falle des Todes die Nachfolge nach den gesetzlichen Bestimmungen; es gilt also die gesetzliche Erbfolge. Wäre der Landwirt zum Beispiel verheiratet und hinterlässt er neben der Ehefrau zwei Kinder, dann wären die Ehefrau und die Kinder zu gesetzlichen Erben zu bestimmten Quoten berufen. Die Erbquote richtet sich u. a. nach dem Güterstand, in dem der Landwirt verheiratet war. Bestand zum Beispiel der gesetzliche Güterstand (Zugewinngemeinschaft) hätte die Ehefrau, wenn sie die Erbschaft annimmt, eine Erbquote von insgesamt ½ und die Kinder von je ¼. Wären die Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft miteinander verheiratet gewesen, hätte die Ehefrau eine Erbquote von ¼ und die Kinder würden sich die verbleibenden ¾ teilen, also je Kind eine Erbquote von 1/8.

 

Im Beispiel würden also die Ehefrau und die Kinder eine Erbengemeinschaft bilden. Der gesamte Nachlass des Verstorbenen, geht auf die Erbengemeinschaft über. Betroffen ist das gesamte Vermögen, bildlich gesprochen alles von der Armbanduhr bis zur Immobilie, das gesamte Privat- und Betriebsvermögen. Auch etwaige Schulden gehen auf den oder die Erben über. (Achtung! In bestimmten Bundesländern gelten davon abweichende Regelungen im Hinblick auf die Nachfolge in land- und forstwirtschaftliche Betriebe. So gilt in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein die sogenannte Höfeordnung und auch weitere Bundesländer haben spezifische Regelungen für die Nachfolge in Land- und Forstwirtschaft getroffen, wie z. B. Brandenburg).

 

Besonderheiten können aber im Hinblick auf das Betriebsvermögen gelten. Das ist stets dann der Fall, wenn der Betrieb der Biogasanlage nicht als Einzelunternehmen geführt wurde, sondern in einer Gesellschaft, wie z. B. der GbR. Ob und an wen der Gesellschaftsanteil im Todesfall übergeht, hängt von der jeweiligen Gesellschaftsform sowie von gesetzlichen Regelungen bzw. den Regelungen des jeweiligen Gesellschaftsvertrags ab. Wie so häufig, kommt es auch hier auf die Details an.

 

Besteht die Biogas-Gesellschaft in der Rechtsform der GbR und wurde kein schriftlicher Vertrag geschlossen oder regelt der Vertrag nichts für den Fall des Todes eines Gesellschafters, dann wird die Gesellschaft mit dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst mit entsprechender Folge für den Betrieb und meist verbunden mit steuerlichen Nachteilen.

 

Liegt ein Gesellschaftsvertrag vor und ist z. B. geregelt, dass die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird, dann scheidet der Verstorbene aus und die verbliebenen Gesellschafter führen die GbR fort. Verbleibt nur ein Gesellschafter, besteht die Möglichkeit, dass dieser alleine den Betrieb fortführt, dann aber nicht mehr in der Rechtsform der GbR, sondern als Einzelunternehmen. Den Erben kann in diesen Fällen ein Abfindungsanspruch zustehen. Denkbar sind auch Regelungen, wonach die Gesellschaft mit den nicht näher bezeichneten Erben oder einem bestimmten Erben fortgesetzt wird.

 

Passen in diesen Fällen Testament und Gesellschaftsvertrag nicht zusammen, kann dies wiederum enorme Probleme bedeuten. Setzt der Landwirt zum Beispiel seine Ehefrau als Alleinerbin ein und regelt der Gesellschaftsvertrag, dass im Falle des Todes die Gesellschaft mit den Kindern des Gesellschafters fortgesetzt wird, dann würde nicht die Frau, sondern die Kinder in die Gesellschaft eintreten. Neben der Frage, wie die sich widersprechenden Regelungen im Testament und Gesellschaftsvertrag umgesetzt werden sollen, kann dies wiederum genehmigungsrechtliche Probleme nach sich ziehen. Denn würde es sich im genannten Beispiel um eine privilegiert landwirtschaftliche Genehmigung handeln, hätte die Ehefrau als Alleinerbin zwar die Landwirtschaft erhalten (vorbehaltlich den Regelungen der Höfeordnung oder ähnlichen länderspezifischen Regelungen, s. o.), wäre aber nicht in der Biogas-Gesellschaft beteiligt. Es fehlt dann am maßgeblichen Einfluss des Landwirts in der Biogas-Gesellschaft, mit der Folge, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nachträglich wegfallen. Gleiches Ergebnis kann bei gesetzlicher Erbfolge eintreten. Mit einer zwischen Gesellschaftsvertag und Testament abgestimmten Regelung können derartige negative Folgen verhindert werden.

 

Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche, eine teure Last

 

Ein weiterer Aspekt, der bei der Nachfolge bedacht werden sollte, sind etwaige Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehören in erster Linie der überlebende Ehegatte und die Kinder des Erblassers. Diese Ansprüche können den oder die Erben finanziell sehr belasten. Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Zahlungsanspruch. Er besteht in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteil berechnet sich aus dem Wert des Nachlasses am Tag des Todes des Erblassers. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch wird, vereinfacht dargestellt, aus den lebzeitigen Schenkungen des Erblassers berechnet. Dabei sind zahlreiche Sonderregelungen zu beachten, wie z. B. die Zehn-Jahres-Frist (Abschmelzungsregel), die jedoch nicht bei Schenkungen unter Ehegatten gilt, sowie weitere spezifische Regelungen.

 

Hätte ein verwitweter Landwirt zwei Kinder und würde eines lebzeitig den gesamten Betrieb erhalten, so können dem anderen Kind Pflichtteilsergänzungsansprüche zustehen. Die Pflichtteilsquote würde in diesem Beispiel ¼ betragen. Denn gesetzlicher Erbteil wäre ½, da Kinder zu gleichen Teilen erben und ein Ehegatte nicht vorhanden ist. Die Pflichtteilsquote ist wiederum die Hälfte daraus, damit ¼. Berechnungsgrundlage ist grundsätzlich der Verkehrswert des Nachlasses bzw. der Schenkungen.

 

Auch hier bietet das Gesetz Regelungen, um derartige Ansprüche gänzlich auszuschließen oder zumindest im Interesse des Übernehmers oder Erben zu verringern. So kann bei langfristiger Planung und unter bestimmten Voraussetzungen die im Pflichtteilsrecht geltende 10-Jahres-Frist ausgeschöpft werden, etwa weil einem Kind schon zu lebzeiten der Betrieb ganz oder zum Teil übertragen wird. Zudem kann für den anzusetzenden Wert eines Landguts der Ertragswert statt der Verkehrswert angesetzt werden, wenn dies ausdrücklich geregelt wurde. (Achtung! Auch hier gelten im Bereich der Höfeordnung und anderer länderspezifischer Gesetze Sonderregelungen).

Auch der Wert eines Gesellschaftsanteils ist grundsätzlich bei der Berechnung von Pflichtteils- und/oder Pflichtteilsergänzungsansprüchen heranzuziehen. Wichtig werden in diesem Zusammenhang wieder die im jeweiligen Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen. Es lohnt sich, bei Zeiten den Vertrag auf den Prüfstand zu stellen, um die Regelungen anzupassen oder zu ergänzen.

 

Ein notarieller Pflichtteilsverzicht kann, meist gegen Abfindung, ein gutes Gestaltungsmittel sein, um die Hofnachfolge sinnvoll für alle Beteiligten zu regeln. Was in der Praxis leider häufig übersehen wird, ist, dass der Pflichtteilsanspruch nicht durch Testament oder Erbvertrag ausgeschlossen werden kann. Nur ein zu Lebzeiten des Erblassers zwischen diesem und dem Pflichtteilsberechtigten notariell erklärter Pflichtteilsverzicht, würde den Anspruch sicher ausschließen.  

 

 

Fazit für die Praxis:

 

Die gelungene Übergabe braucht daher Zeit und gute rechtliche und steuerrechtliche Beratung, um all diese Aspekte einbeziehen zu können. Anhand guter Planung und sorgfältiger Abstimmung der vertraglichen und erbrechtlichen Regelungen können steuerliche Vorteile genutzt, unliebsame Pflichtteilsansprüche vermieden oder verringert und vor allem auch, existenzbedrohende genehmigungsrechtliche Klippen sicher umschifft werden. Selbst wenn die Übergabe (noch) nicht ansteht, sollte daher auch für den Fall, dass der Landwirt und Unternehmer plötzlich verstirbt, Vorsorge durch Testament oder Erbvertrag in Abstimmung mit etwaigen Gesellschaftsverträgen getroffen werden.

zurück zur Übersicht
Teilen:

Leitende Partnerin

Fragen dazu?

Schreiben Sie uns, wir sind gerne für Sie da.

Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

specht@paluka.de
Ulrike Specht

Lösungen finden für komplexe & anspruchsvolle Fragestellungen – mit Erfahrung, Exzellenz und Augenmaß.

nach oben scrollen