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Hier finden Sie aktuelle Blogbeiträge unserer Rechtsanwälte zu rechtlichen Themen rund um den Bereich Erbrecht, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht. Wir geben Ihnen viele nützliche Praxistipps rund um diese Themen und informieren Sie stets über aktuelle Gesetzesänderungen. 

 

25.03.2019 | Von: Rechtsanwältin Ulrike Specht

Taktische Ausschlagung einer Erbschaft

Der Bundesgerichtshof hatte sich Anfang 2019 mit einer spannenden Thematik zu beschäftigen. Nämlich mit der Frage, wie lange die Frist für die Ausschlagung einer Erbschaft eigentlich läuft, wenn sich ein Erbe zum Zeitpunkt der Benachrichtigung durch das Nachlassgericht im Ausland aufhält.

Erblasserin benennt im Testament Vorerben und Nacherben

Im vorliegendem Fall hatte eine Erblasserin ihre beiden Söhne zu gleichen Teilen zu den Alleinerben eingesetzt. Zugleich hatte sie in ihrem Testament aber angeordnet, dass die beiden Söhne nur Vorerben sein sollen und die jeweiligen Kinder, also die Enkel der Erblasserin, Nacherben. Außerdem hatte die Erblasserin noch Testamentsvollstreckung für die Nacherben bis zur Vollendung deren 25. Lebensjahres angeordnet. Dadurch wollte sie bewusst steuern, dass das Vermögen in der Familie erhalten bleibt.

Erben schlagen Erbschaft aus

Die beiden Söhne wollten statt der vorgesehenen Vorerben aber lieber unbeschränkte Vollerben sein. Sie hatten sich daher überlegt, sie könnten die Erbschaft aufgrund dieses Testaments ausschlagen. Ebenfalls würden sie ihre Kinder dazu veranlassen das Erbe auszuschlagen und wären dann als gesetzliche Erben Vollerben zu gleichen Teilen geworden, ohne mit dieser Nacherbschaft belastet zu sein.

Gesetzliche Frist muss beachtet werden

Die beiden Söhne und die volljährigen Enkel der Erblasserin hatten die Ausschlagung innerhalb der sechswöchigen Frist erklärt. Der minderjährige Enkel konnte die Ausschlagung jedoch nicht selbst erklären. Das musste deshalb der Vater des minderjährigen Nacherben erklären. Das Gesetz sieht vor, dass man die Ausschlagung einer Erbschaft innerhalb einer Frist von sechs Wochen erklären muss. Eine Sonderregelung besagt jedoch, dass sich die Frist auf sechs Monate verlängert, wenn sich der Erbe bei Beginn der sechswöchigen Ausschlagungsfrist im Ausland befindet.

Ggf. Verlängerung der Ausschlagungsfrist bei Auslandsaufenthalt

Auf diese sechsmonatige Frist berief sich der Vater des minderjährigen Nacherben, der das Erbe für den Sohn noch nach der sechswöchigen Frist ausschlagen wollte, da er sich an dem Tag der Benachrichtigung durch das Nachlassgericht in Dänemark aufgehalten hatte. Allerdings war es nur ein Tagesausflug. Der BGH hat daraufhin entschieden, dass sich die Frist aufgrund eines Tagesausflugs nicht auf sechs Monate verlängern lässt, da dem Erben innerhalb der sechswöchigen Frist immer noch genug Zeit bliebe, um sich mit dem Nachlass zu beschäftigen und eine Entscheidung bzgl. der Annahme bzw. der Ausschlagung zu treffen. Deshalb hätte der Vater des minderjährigen Nacherben das Erbe auch innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von sechs Wochen ausschlagen müssen.

Da diese Frist aber versäumt wurde, ist schlussendlich der minderjährige Enkel der Erblasserin zum Alleinerben geworden. Auch der Versuch, dass man diese verspätete Ausschlagung der Erbschaft als Anfechtung der Annahme der Erbschaft wertet, hat das Gericht nicht gelten lassen. Mit der Begründung, dass hier alle Beteiligten offenkundig mitgeteilt hatten, dass sie diese Erbfolge, die die Erblasserin angeordnet hatte, so nicht geltend haben wollen. Deswegen hat das Gericht angenommen, dass ein Anfechtungsgrund, also ein Irrtum gar nicht vorliegt, da die Ausschlagungen absichtlich erklärt wurden, um die beiden Söhne der Erblasserin als gesetzliche Alleinerben einzusetzen.

Fazit

Eine taktische Ausschlagung einer Erbschaft kann in bestimmten Fällen sinnvoll sein, allerdings muss man hinsichtlich der gesetzlichen Fristen genau aufpassen. Dem Grundsatz nach gilt, dass die Frist lediglich sechs Wochen beträgt. Der Gesetzgeber hat das bewusst so vorgesehen, damit nur möglichst kurze Zeit Ungewissheit darüber besteht, wer letztlich Erbe geworden ist. 

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

specht@paluka.de
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