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18.01.2013 | Von: RAin Tatiana Auburger LL.M.>

Versicherungsrecht: Überraschende Klausel im Rechtsschutzvertrag

Das Landgericht Heidelberg hat in seinem Urteil vom 21.09.2012, Az. 1 O 44/12 entschieden, dass eine Klausel in einem Rechtsschutzvertrag für Unternehmen und freie Berufe, die den Vertragsrechtsschutz auf eine bestimmte Höhe des Streitwerts (im konkreten Fall: 250.000,00 €) begrenzt und weiter regelt, dass bei Überschreiten dieses Wertes der Versicherungsschutz vollständig entfällt (das heißt, Ausschluss auch einer anteiligen Erstattung), überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB ist und daher nicht Vertragsbestandteil wird.

Dem Sachverhalt lag ein Rechtsschutzbetrag für Unternehmen und freie Berufe zugrunde. Die Zusatzvereinbarung enthielt folgende Klausel zu § 28 ARB:

„(3)

a) Der Versicherungsschutz umfasst: (...)

Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht (...)

d.d) für (...)

- die gerichtliche Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Versicherungsverträgen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der versicherten gewerblichen, freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit stehen. Versicherungsschutz besteht, soweit der Wert des Interesses 250.000,00 € nicht übersteigt. Für Streitwerte, die über dieser Summe liegen, besteht Versicherungsschutz auch nicht anteilig (...)“

Der Rechtsschutzversicherer (im Folgenden: Versicherer) verlangte vom Versicherungsnehmer die Rückzahlung von Versicherungsleistungen. Dieser meldete bei dem Versicherer einen Rechtsschutzfall, wonach er nach einem Brandschaden gegen seinen Gebäudeversicherer Versicherungsleistungen geltend machte. Zunächst begehrte der Versicherungsnehmer vom Gebäudeversicherer Versicherungsleistungen von ca. 386.000,00 €. Der Rechtsschutzversicherer wies auf die oben zitierte Klausel hin und verweigerte Versicherungsschutz bei einem Streitwert in der genannten Größenordnung. Der Versicherungsnehmer übersandte sodann eine Klageschrift, in der er eine Verurteilung des Gebäudeversicherers zur Zahlung von 238.271,42 € für den reinen Gebäudeschaden verlangte. Dieser Wert lag unter der vereinbarten Höchstgrenze. Der Versicherer erteilte daher Deckungszusage für die eingereichte Klage, wies aber gleichzeitig unter Berufung auf die obige Klausel darauf hin, dass im Falle einer Klageerhöhung auf einen Streitwert von über 250.000,00 € insgesamt kein Versicherungsschutz bestehe. Der Versicherer erbrachte Versicherungsleistungen in Höhe von 9.134,20 €. Der Versicherungsnehmer erweiterte in der Folgezeit seine Klage, ohne den Versicherer hierüber zu informieren. Das Landgericht wies die Klage gegen den Gebäudeversicherer ab und setzte den Streitwert auf 489.465,06 € fest. Nach Kenntnis der Streitwertfestsetzung verlangte der Versicherer vom Versicherungsnehmer die geleisteten Versicherungsleistungen zurück.

Die Klage des Versicherers auf Rückzahlung der Versicherungsleistung ist aus Sicht des Gerichts zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Als Rechtsgrund für die erbrachten Leistungen sieht das Gericht den Versicherungsvertrag an. Gemäß den gegenständlichen Versicherungsbedingungen besteht Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht nur im privaten Bereich, oder, soweit die Ausübung nichtselbstständiger Art betroffen ist. Im gegenständlichen Vertrag erfolgte eine Erweiterung in der Form, dass der Rechtsschutz auch für firmenbezogene Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 250.000,00 € gewährt wurde. Diese Erweiterung wird aber dadurch wieder beschränkt, dass bei Überschreitung dieser Streitwertgrenze der Versicherungsschutz vollständig entfällt.

Nach Auffassung des Landgerichts Heidelberg ist diese einschränkende Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden, da es sich hierbei um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB handelt. Diese Klausel ist mit dem Leitbild des Vertrages nicht vereinbar und ist objektiv als ungewöhnliche Klausel zu qualifizieren. Die Begrenzung auf eine bestimmte Versicherungssumme ist zwar üblich. Eine Klausel jedoch, die selbst anteiligen Kostenschutz entfallen lässt, wenn eine Streitwertgrenze auch nur geringfügig überschritten wird und damit zur völliger Leistungsfreiheit des Versicherers führt, kann nicht mehr als üblich betrachtet werden. Diese Vorgehensweise stellt eine vom berechtigten Interesse des Versicherers sein Risiko zu minimieren, nicht mehr gedeckte und daher einseitige Bevorzugung des Versicherers dar.

Die Klausel ist auch überraschend, da ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer jedenfalls nicht damit rechnen kann, dass das Erweiterungspaket eine Regelung enthält, die zu einem rückwirkenden Wegfall des gesamten Versicherungsschutzes führen kann. Üblicherweise geht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer zumindest davon aus, dass eine anteilige Kostenübernahme erfolgt.

Da die Klausel gegen § 305c Abs. 1 BGB verstößt, ist sie unwirksam und damit nicht Vertragsbestandteil. Die Unwirksamkeit der oben genannten Klausel berührt die Regellungen des übrigen Vertrages nicht, so dass Versicherungsschutz für Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 250.000,00 € weiterhin besteht.

Tatiana Psiuk LL.M., Rechtsanwältin
Abteilung Versicherungsrecht, Paluka Sobola Loibl & Partner Regensburg

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Ulrike Specht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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