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Hier finden Sie aktuelle Blogbeiträge zu rechtlichen Themen rund um den Bereich Erneuerbare Energien, insbesondere zu Biogasanlagen, Windkraftanlagen, Wasserkraftanlagen und PV-Anlagen

 

26.07.2021 | Von: Rechtsanwalt Marc Bruck

Clearingstelle EEG erkennt „Modernisierung“ an

Bis zum 31.12.2008 war es für Anlagenbetreiber möglich, ein neues Inbetriebnahmejahr ihrer Anlage zu generieren.

In einem lang erwarteten Votumsverfahren hat die Clearingstelle EEG | KWKG am 23.07.2021 das Votum zu der Frage veröffentlicht, ob Erneuerungen von EEG-Anlagen, die im Geltungsbereich des EEG 2004 vorgenommen wurden, auch zu einem späteren Zeitpunkt anerkannt werden müssen.

Bis zum 31.12.2008 war es für Anlagenbetreiber möglich, ein neues Inbetriebnahmejahr ihrer Anlage zu generieren, sofern die Kosten einer Erneuerung mindestens 50 % der Kosten einer Neuherstellung der gesamten Anlage betrugen.

Obgleich diese Norm mit Wirkung zum 01.01.2009 abgeschafft wurde, war es vielen, insbesondere Biogasanlagenbetreibern, nicht bewusst, dass sie durch tatsächlich bis zum Jahr 2008 vorgenommene Modernisierungs-, Erneuerungs- oder Erweiterungsmaßnahmen die Rechtsfolge einer Neuinbetriebnahme herbeigeführt hatten. Erst mit dem EEG 2014 sowie den Folgefassungen des EEG wurde in den Übergangsvorschriften eindeutig auf die Anwendbarkeit des damaligen § 3 Abs. 4 EEG 2004 verwiesen. Im Nachgang hatten viele Biogasanlagenbetreiber ihre in der Zeit zwischen 2000 – 2008 getätigten Investitionen gutachterlich überprüfen lassen, um, bei Erreichen der Investitionssumme, ein neues Inbetriebnahmejahr Ihrer Anlage zu erhalten.

Einige Netzbetreiber hatten demgegenüber eingewandt, dass eine solche nachträgliche Begutachtung über Vorgänge, die teilweise über zehn Jahre zurückliegen, verjährt oder verwirkt seien und es in Folge nicht möglich wäre, selbst bei Erreichen der 50 % Investitionskosten das neue Inbetriebnahmejahr mit der damit verbundenen Rechtsfolge einer längeren EEG-Vergütungslaufzeit, anzuerkennen.

1. Unmittelbare Rechtsfolge

Die Clearingstelle EEG | KWKG hat nun in ihrem Votum vom 01.07.2021, Az.: 2020/62-IV zu Recht anerkannt, dass die gesetzliche Rechtsfolge der Neuinbetriebnahme weder ein Anspruch, noch ein Gestaltungsrecht oder eine Wahlschuld wäre, sondern eine unmittelbare Rechtsfolge darstelle, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Daher sei es nicht möglich, dass diese tatsächlich bis zum Jahr 2008 vorgenommenen Handlungen verjähren oder verwirken können.

Wenn daher ein Biogasanlagenbetreiber Erneuerungsmaßnahmen bis einschließlich 31.12.2008 durchgeführt hatte und hierdurch ein entsprechendes Investitionsniveau belegen kann, gilt für die Anlage zum Zeitpunkt, in dem nach Abschluss der Erneuerung erstmals dauerhaft Strom erzeugt wird, das neue Inbetriebnahmejahr.

Das bedeutet, eine Biogasanlage, die beispielsweise im Jahr 2001 in Betrieb genommen wurde und deren Vergütungsanspruch mit Ablauf des Jahres 2021 enden würde, müsste nach aktueller Rechtslage am 01.09.2021 an der Anschlussausschreibung für bestehende Biomasseanlagen teilnehmen, wenn sie weiterhin einen EEG-rechtlichen Förderanspruch erhalten möchte. Stellt sich nun heraus, dass der Anlagenbetreiber beispielsweise in der Zeit von 2006 – 2008 Erneuerungs- oder Erweiterungsmaßnahmen durchgeführt hatte und hierdurch Kosten entstanden sind, die mindestens 50 % der Kosten einer Neuherstellung der Anlage entsprechen, gilt für diese Anlage das neue Inbetriebnahmejahr 2008, unabhängig davon, ob diese Umstände bereits im Jahr 2008 oder zu einem späteren Zeitpunkt dem Netzbetreiber mitgeteilt wurden. Das bedeutet für den Anlagenbetrieb, dass der EEG-rechtliche Förderanspruch noch bis zum 31.12.2028 fortgilt.

 

2. Vergütungsdegression

Hinsichtlich der unterschiedlichen EEG-Förderung gilt folgendes: Aufgrund der Degressionsvorschriften erhält eine Biogasanlage beispielsweise mit dem Inbetriebnahmejahr 2008 auf der zweiten und dritten Vergütungsstufe im Hinblick auf die Grundvergütung eine geringere EEG-Förderung als eine Biomasseanlage die zu einem früheren Zeitpunkt in Betrieb genommen wurde.

Das bedeutet, der Netzbetreiber hätte in Ermangelung der Kenntnis der Modernisierungsmaßnahmen in den vergangenen Jahren eine zu hohe EEG-Förderung an den Anlagenbetreiber ausgezahlt. Da es der Anlagenbetreiber selbst in der Hand hatte, den Netzbetreiber darüber in Kenntnis zu setzen, dass er in der Vergangenheit Erneuerungsmaßnahmen durchgeführt hatte, erklärt die Clearingstelle, dass es gegen Treue und Glauben verstoßen würde, wenn einerseits das neue Inbetriebnahmejahr begehrt wird, gleichzeitig aber im Hinblick auf Rückforderungsansprüche des Netzbetreibers die Einrede der Verjährung erhoben werden würde.

Wenn daher der Netzbetreiber die Vergütungsdifferenz gelten machen will, die sich aufgrund des alten und neuen Inbetriebnahmejahres ergibt, vom Zeitpunkt des Abschlusses der Erneuerungsmaßnahmen bis zum Zeitpunkt der Mitteilung des Anlagenbetreibers gegenüber dem Netzbetreiber, dass entsprechende Maßnahmen durchgeführt wurden, kann sich der Anlagenbetreiber nicht auf die Verjährung dieser Ansprüche berufen. Da aber diese Rückforderung für viele Netzbetreiber bilanziell kaum mehr umsetzbar sein dürfte, erkennt die Clearingstelle ebenfalls an, dass eine Pflicht zur Rückforderung für bereits verjährte Ansprüche nicht besteht. Netzbetreiber können daher diese Rückforderungsansprüche durchsetzen, müssen es aber nicht.

Den Parteien steht es daher frei, eine Vereinbarung über etwaige Rückforderungsansprüche zu vereinbaren. Andernfalls hätte der Netzbetreiber potenzielle Ansprüche „zügig“ ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung geltend zu machen, da andernfalls die Verjährung für länger in der Vergangenheit liegende Ansprüche drohen könnte. Die Clearingstelle benennt hierzu ein Urteil, in dem eine Frist von einem Monat ab Kenntniserlangung als ausreichend angesehen wurde, andernfalls könnten auch längere Fristen für den Netzbetreiber gelten.

3. Konsequenz

Biogasanlagenbetreiber sollten vor dem Hintergrund dieser Entscheidung schnellstmöglich kritisch prüfen lassen, ob sie innerhalb eines Zeitraums von 2000 – 2008 eine Anlagenerneuerung mit entsprechenden Investitionskosten durchgeführt haben. Dies müsste gegebenenfalls gutachterlich geprüft werden, da sämtliche Belege und Rechnungen aus der damaligen Zeit überprüft werden müssen. Hiernach sollte in rechtliche Verhandlungen mit dem Netzbetreiber eingestiegen werden, um die möglichen Konsequenzen im Vorfeld zu klären.

Aufgrund unserer jahrelangen Erfahrungen zu diesem Thema können Sie sich bei Fragen zu dieser Problematik jederzeit telefonisch unter 0941 585710 oder per Mail an info@paluka.de an uns wenden.

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